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CD NEWS

WIEGAND has ‚Arrived‘ und wir begutachten mit euch das Ergebnis

today20. Juni 2023 340 2 5

Background
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WIEGAND has ‚Arrived‚.
Wer? Wo?
Das klären wir hier gleich zusammen.
Los, klickt diesen Link und genießt die folgende Multimedia- Schulung zum Thema „Gute Musik mit Inhalten“.

Der Einstieg

Guten Tag, willkommen zu unserer Schulung.
Unser Thema heute: komplexe Sachverhalte, sozio- kulturelle Beobachtungen und Analysen, sowie die Verarbeitung von Gefühlen, gepaart mit qualitativ hochwertiger Musik, welche dennoch als leicht konsumierbarer Pop funktioniert – oder kurz zusammengefasst als WIEGAND – ‚Arrived‚.
Hat jeder seinen Platz eingenommen, Schreibutensilien griffbereit und die Audiowiedergabe startklar? Wunderbar, dann können wir beginnen.

 

Helge Wiegand/ © Frank Güthoff (Fotos)

 

WIEGAND

WIEGAND, das ist ein lapidar als SynthPop bezeichnetes Ein Mann- Projekt aus Köln… – gewesen.
Seit letztem Jahr ist HELGE WIEGAND, Namen gebender Gründer und Betreiber dieses Projektes, nicht mehr so ganz allein.
Nein nein, kein schlechter Witz über psychische Eigenheiten, sondern eine Wachstumsmeldung. Zum Live- Debüt von WIEGAND beim „IN DARKNESS FESTIVAL 2022″ (wir berichteten hier) holte sich HELGE den ehemaligen X-DIVIDE Keyboarder und heute hauptsächlich als AMPHI- Animateur bekannten Kölner JENS DOMGÖRGEN mit ins kleine Elektroboot.

Man kennt das, was in solchen Bandgefügen geregelt ist, ja eigentlich. Dennoch erwähnen wir hier der Vollständigkeit halber noch einmal die Details.
Also, gegründet wurde WIEGAND vor einigen Jahren von Helge Wiegand. Nach ersten digitalen Releases 2011 erschien sein Debüt- Album ‚Released‘ im Jahre 2018. Wir können es etwas abkürzen und an dieser Stelle auf unseren Artikel zur Single „Pied Pipers“ verweisen, den ihr hier findet. Darin breiten wir diese Phase schon mal weiträumig aus, damit ihr alles genau begutachten könnt.
Ok, kurze Pause. Nutzt die Zeit und schaut dort rein, das hilft ungemein, um die heutige Sitzung nicht unnötig zu verlängern.

So, alle wieder da? Fein, dann geht es weiter.
Nun kümmert sich HELGE WIEGAND also um den kreativen Part, indem er Musik komponiert, Texte schreibt und die Werke produziert. JENS DOMGÖRGEN hält ihm den Rücken frei, indem er alles Organisatorische übernimmt und unterstützt ihn zusätzlich auf der Bühne als Keyboarder und Background Sänger. Dabei sollte erwähnt werden, dass der qualitative Anspruch von HELGE sehr hoch liegt. Hier wird nicht jemand auf die Bühne gestellt, der selbige nur optisch füllt und irgendwelche Playbacks startet. WIEGAND möchte ein perfektes Banderlebnis garantieren und daher spielt das Duo alles live.

 

Detailansicht des Duos WIEGAND vor einer hellen Fassade. Promo für das Album "Arrived" 2023
(c) Andreas Klüppelberg/ Klueppi Pictures

 

Etappe Eins

Um euch nicht zu überfordern und eure Aufnahmefähigkeit auf einem hohen Niveau zu halten, werden wir uns das Album in mehrere Kapitel aufteilen und zwischendurch Zigaretten- bzw. Pinkelpausen einlegen. Kommt selbst den Nichtrauchern bei der aktuellen Wetterlage entgegen, gell?
Bitte startet jetzt die Wiedergabe von ‚Arrived‚ und folgt uns bei der Analyse. Keine Sorge, es wird nicht hochwissenschaftlich, dafür fehlt es dem Autor an Kompetenz. Schließlich hat er diesen Job hier nur aufgrund seines berüchtigt schlechten Musikgeschmacks. Und weil er euch recht erfolgreich am Nasenring durch die Artikel zieht.
Glaubt ihr nicht? Doch doch, macht das ruhig. Immerhin seid ihr immer noch am Ball…

Wir starten mit „The Quiet Thief“ in ‚Arrived‚ und finden umgehend all die obigen Zeilen bestätigt.
Der beginnt nämlich mit schweren Breakbeats und einer deutlichen Melancholie. Und doch fühlt man sich nicht von Schwere erdrückt, sondern genießt die Wärme, die sich langsam entwickelnde Songstruktur und die sich ins Ohr schraubende Hook des Refrains. Und all das, während WIEGAND das Thema Demenz verarbeitet. Schwere Kost direkt als Opener, dabei dennoch von einer gewissen poppigen Leichtigkeit.

„Get Informed“ ändert sofort die Stimmung. Der Beat ist energetisch, der Soundteppich mit dem verzerrten Vocal Sample verkündet die Wut des Interpreten.
Ihr kennt den Song sicher schon, feiert sein Release doch in diesem Monat bereits den dritten Geburtstag.
Eine perfekt sitzende und treffende Abrechnung mit Rattenfängern und Verbreitern von Verschwörungstheorien im Internet. Und eine erweckende Ohrfeige für jedes Opfer dieser Machenschaften. Somit ein Paradoxon: ein Weckruf für die Erwachten. Einer der besten Beiträge zu diesem Thema und seit seiner Veröffentlichung durchgängig aktuell – leider.

Mit „Filter“ wendet sich HELGE einem anderen aktuellen Thema zu. Verarbeitet wird hier das abdriften in eine Pippi Langstrumpf- Selbstbau- Welt, die so nur im WWW existiert, aber Auswirkungen auf das reale Leben hat. Insbesondere geht es hier um gefakte virtuelle Persönlichkeiten, Schönheitswahn, Selbstoptimierung per Mouseklick. Man kann es aber exemplarisch auf andere Arten der Flucht in Traumwelten aus Bits und Bytes übertragen.
Der Titel baut sich sehr langsam und ruhig auf, um dann in einem Refrain zum Dahinschmelzen zu gipfeln.

›/II- Taste drücken und kurz an die frische Luft. Der Autor hat das Display vollgeschrieben und muss eben ein neues anbauen, bis gleich also…

 

 

Etappe Zwei

„Alive“ ist allein schon als Begriff ziemlich eindeutig. Und ja, inhaltlich geht es genau darum: das Leben vor dem Tod. Selbiger kommt oft früher und unvermittelter, als uns lieb ist. Ganz unromantisch sei gesagt, dass es damit eben wirklich vorbei ist. Keine Chance, ein bis hierhin verpasstes Leben nachzuholen. Hört auf, allem hinterher zu jagen. Hört auf mit dem höher, schneller, weiter. Nehmt euch Zeit für Euch, euer soziales Umfeld, oder eben einfach das, was man allgemein als „Leben“ bezeichnet.
Die Themen der letzten Jahre (Corona, Ukraine, Klimawandel und etliche mehr) zeigen recht deutlich, wie schnell es vorbei sein kann. Egal, ob eine Bombe vom Himmel fällt, irgendwo ein fieses Virus aus Laboren entweicht, eine fehlerhafte Konstruktion eurer Gene, oder einfach ein Unfall – was man sich mit jahrelangen Anstrengungen aufgebaut hat, kann in Sekunden zu Staub zerfallen.
Schwere Kost? Absolut, aber doch in das frischeste Moll verpackt, welches irgendwie zu konstruieren ist. Ein bittersüßer Ohrwurm, zum Verlieben.

Etwas anderer Blickwinkel, aber thematisch schwer mit dem vorigen Song verwand ist „Connected“.
Denn zum Leben gehört eben auch, das Kind in sich zu bewahren. Lasst uns nicht zu Maschinen werden, für die diese unbeschwerte und fröhliche Zeit nur als Freeze Frames in die Tiefen des Gedächtnisses gegraben sind. Ein in jeder Hinsicht wunderbarer Song, weil er tatsächlich zum Erinnern anregt.

Ihr müsst jetzt ganz stark sein, denn Liebeslieder sind in dieser Subkultur ja eher negativ konnotiert.
Aber hey, dies ist eine Schulung und ihr sollt ja was lernen. Also, ran an den Speck! „Then Came You“ ist wirklich ein wunderschönes Liebeslied. Aber, wer glaubt, dass es hier nur oberflächlich um Gefühle geht, der irrt gewaltig. Viel mehr geht es um oberflächliche Gefühle. Diese Jagd nach Selbstbestätigung, kurzweilige Befriedigung, nach flüchtigen Gefühlen. Und um die Aussicht auf das, was möglich ist, wenn der berühmte Pfeil trifft. Ist es autobiographisch? Who knows? Völlig egal, weil es so greifbar, so erlebbar ist, das wir gar nicht in die Gefahr geraten, einer belanglosen Liebesschnulze zu erliegen. Dazu ist es ein so einladender Song, den man spätestens beim zweiten Hören mitzuträllern beginnt.

 

 

Etappe Drei

Das letzte Drittel ist ja gar kein Drittel! Gut aufgepasst du hast, junger Padawan. Passt trotzdem, ihr werdet es sehen.

„Choices“ ist verhältnismäßig simpel, ein gesungener Kalenderspruch. Und doch auf einer ganz anderen Ebene und somit passend zu „Alive“ und „Connected“. Eine herrlich unaufgeregte Pop Hymne. Wenige Worte, direkt auf den Punkt.

Krasser Themenwechsel mit „Pied Pipers“. Diese Abrechnung mit Rattenfängern jeglicher Couleur  ist nah an „Get Informed“, jedoch weniger wütend vorgetragen. Ein Glanzstück, welches wir schon deutlicher im oben verlinkten Artikel betrachtet haben.

„City Of A Thousand Lies“ ist ebenso clever wie „Filter“, möge sich jeder von euch in Ruhe damit auseinandersetzen. Dazu dieses überwiegend ruhige, fast schon balladesque musikalische Begleitung mit einem perfekt inszenierten Spannungsbogen – zumindest der Autor dieses Artikels ist verzückt. Ihr doch wohl hoffentlich auch?!

Den Abschluss von ‚Arrived‚ macht „Filter“ in einer Piano Version. So unendlich traurig schön, dass der Text beinahe nebensächlich wird. Man wird förmlich niedergewalzt von den Gefühlen, die dieser Mix in einem auslöst. Aber dann wird man noch ergriffener, wenn man die Lyrics in diesem Zustand betrachtet…..

 

2023er Promo Foto von WIEGAND auf einer Treppe vor einem modernen Gebäude. Zur Bewerbung des Album "Arrived"
(c) Andreas Klüppelberg/ Klueppi Pictures

 

Zusammenfassung der Lerninhalte und Lernziele

HELGE Wiegand ist Perfektionist. Und ein Musiker mit jeder Zelle seines Körpers. In Kombination schafft er es, uns ordentlich durchzuschütteln, die Scheuklappen vom Kopf zu reißen und uns bisweilen ordentlich den Arsch zu versohlen, ohne dafür simple Parolen und Plattitüden zu nutzen, ohne uns anzuschreien, ohne mittels erhobenen Zeigefinger den Besserwisser zu geben.
Nein, all das kleidet er in Melodien zum Verlieben, in potentielle Ohrwürmer, die sich bei aller Melancholie immer auch eine gewisse Leichtigkeit bewahren.
Wir müssen nicht immer mit der Holzhammer- Methode im Punk-/ Hardcore-/ Harsh- oder EBM- Gewand auf Missstände hingewiesen werden. Es geht auch in bisweilen Clubtauglichem, immer hoch melodischem SynthPop.
Arrived‚ ist in vielerlei Hinsicht ein Referenzwerk in diesem Metier und sollte zum Abbau von szeneinternen Vorteilen genutzt werden.
Glasklare Empfehlung!
Und jetzt spread the word: fragt bei eurem Lieblingsclub und bei eurem bevorzugten Festivalveranstalter, wann er dafür sorgt, das WIEGAND endlich auf seiner Bühne arrived.
Feierabend, danke für eure Mitarbeit..

Die Fußnoten

Act                                      WIEGAND
Release                              Arrived
Release Date                     27.05.2023
Label                                   none/ self-released
Medien                               CD, Download, Stream
Quellen                              Die CD gibt es auf Bandcamp, wie auch den Download, ihr bekommt die Disc aber auch direkt über den Facebook- Account von WIEGAND (siehe Link unten). Streambar ist ‚Arrived‘ bei Spotify und Co.

Tracklist ‚Arrived‘
  1. The Quiet Thief
  2. Get Informed
  3. Filter
  4. Alive
  5. Connected
  6. Then Came You
  7. Choices
  8. Pied Pipers
  9. City Of A Thousand Lies
  10. Filter (Piano Version)

Get in Touch mit WIEGAND per Web, Facebook, Instagram und Youtube. Shoppen könnt ihr im Band Shop und auf Bandcamp.

Unseren Stream und viele weitere redaktionelle Inhalte bekommt ihr auf unserer Website, aktuelle Artikel und mehr auf unserer Facebook Präsenz.

Written by: Dany Wedel

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