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Black Dog – keine Band, sondern ein Bändchen für mehr Achtsamkeit

today19. Oktober 2022 469 2 5

Hintergrund
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Black Dog, oder der schwere Schatten über vielen von uns

Heute mal ein Beitrag zu einem ganz ernsten Thema: Depressionen (im Englischen umgangssprachlich ‚Black Dog‘).
Was das mit Musik zu tun hat? Gar nicht mal so wenig, aber dazu gleich mehr im Hauptakt dieses geschriebenen Werkes. Und gleich vorweg die Ankündigung, dass in diesem Artikel sämtliche journalistische Prinzipien, wie das Vermeiden der „Ich-„ Position und Ähnliches, über Bord geworfen werden. Dies ist schließlich ein Thema, dem wir nicht auf förmliche und belehrende Art begegnen wollen, sondern eben persönlich und geradezu haptisch greifbar.
Von daher auch sofort die Triggerwarnung: bist Du in einer schweren depressiven Phase und/ oder hast Suizidgedanken? Bitte hole dir umgehend Hilfe, im Idealfall professionelle, die bekommst du unter anderem hier:

Telefonseelsorge 24/7                                 Tel.: 0800/ 1110111
Tel.: 0800/ 1110222
Stiftung Deutsche Depressionshilfe          Tel.: 0800/ 3344533

 

„Lost Myself“
(c) Ric Uhlmann

 

Leben und andere Schwierigkeiten

Wow, was für ein privilegierter Zustand: in eurem Auftrag feiern gehen (ja, das ist durchaus Arbeit, Berichte über Events zu verfassen; Anm. des Autors), Musiker treffen, Musik weit vor der Veröffentlichung auf die Ohren bekommen, recherchieren und schreiben über Musik für Magazine….
Für Musikliebhaber ja quasi der absolute Lebenstraum.
Und ich? Was bedeutet es für mich? Das kann ich ehrlich gesagt gerade nicht wirklich beantworten. Eventbesuche pendeln zwischen großem Spaß und kompletter emotionaler Überforderung, gern auch innerhalb von Minuten an ein und demselben Abend. Und ganz häufig bleibt hinterher eine Leere in einem selbst. Während sich ganz viele Menschen auf Konzerte und das Drumherum freuen, den Tag oder Abend kräftig feiern und im Nachhinein zwar erschöpft, aber glücklich sind, bleibt dem Autor oft nichts Greifbares. Er hat Erinnerungen, vor Ort oft sogar richtig Spaß gehabt und kann im Nachhinein dennoch keinem der vielen Blitze im Gedächtnis ein Gefühl zuweisen. Der Schreiber dieser Zeilen ist depressiv.

An guten Tagen kann auch ich ordentlich Energien für den Alltag tanken, an schlechten zerbreche ich förmlich daran, an den meisten Tagen aber bleibt einfach nichts. Nichts außer Fakten, keine Emotionen. Witzigerweise behindert das die Ausführung meiner Aufträge überhaupt nicht, da die meisten derartig Erkrankten nämlich besonders emphatisch sind. Das hilft bei der Einschätzung einer Situation und auch bei Eventberichten, wie beispielweise diesem hier. Und dennoch lässt es sich nicht dauerhaft verknüpfen. War ich glücklich bei der Geburt meiner Kinder, der Hochzeit oder sonst wann? Ich weiß es nicht, zumindest nicht sicher. Im Moment des Geschehens war ich es bestimmt, doch heute lässt sich damit nichts mehr verknüpfen, außer einem diffusen Angstgefühl..
Und dennoch sind solche Erlebnisse extrem wichtig, um nicht in der Lethargie zu versinken. Diejenigen, die diese Krankheit mit voller Härte erwischt, bekommen oft den Arsch überhaupt nicht aus dem Bett oder von der Couch, verlieren die Fähigkeit, ihren Alltag zu organisieren, stürzen ab – im schlimmsten Fall endgültig und unrettbar (Suizid).

Und an genau dieser Stelle gehen Realität und gesellschaftliche Ansichten weit auseinander.
Dein Gegenüber hat eben nicht nur „einen schlechten Tag“, zerfließt nicht in Selbstmitleid und muss auch nicht „einfach mal wieder vor die Tür und unter Leute kommen“, weil dann „alles wieder gut wird“.
Und nein, nicht jeder Depressive denkt dauernd daran, sein Leben zu beenden. Es gibt einen großen Unterschied zwischen „nicht Leben wollen“ und „sterben wollen“. Letzteres ist für die Betroffenen oft die ultimative Endstation in einer langen Kette von belastenden Punkten.

 

John Hain
Pixabay Lizenz

Der Black Dog ist für Außenstehende unsichtbar

Nein, Du kannst niemandem die Krankheit ansehen, der Black Dog lebt in versteckt in der Höhle namens Seele. Es ist eben kein Beinbruch, keine Stichwunde, kein Pickel, sondern ein psychologisches Desaster, das bei jedem Erkrankten aus unterschiedlichsten Puzzleteilen besteht. Jeder Fall ist anders gelagert, es gibt nicht die eine Depression. Da gibt es chemisch induzierte Fälle, bei denen beispielsweise Glückshormone nach exzessivem Drogengenuss (Gewöhnungseffekt, der Körper stellt die Eigenproduktion ein; Anm. der Redaktion) nicht mehr gebildet werden oder die entsprechenden Andockstellen im Gehirn verkümmern, Traumata können diese tiefe Traurigkeit und Angststörungen hervorrufen, die berühmte „schwere Kindheit“ führt zuweilen in diese Spirale der Finsternis und manchmal gibt es auch keinen sicher definierten Startpunkt. Allerdings ist ein hoher Stresslevel mittlerweile wissenschaftlich erwiesen ein Garant für eine „Karriere“ als Gebrochener, was die starke Zunahme der Burn Out Erkrankungen erklärt.
Der Kasper da im Zugabteil, im Nachbarbüro, auf der Bühne – der (oder die) verrückte Partykracher, der immer und überall mittendrin ist, die Frohnatur ist vielleicht tatsächlich todunglücklich, weint viel, schläft kaum. Gute Beispiele dafür sind unter anderem die Comedians KURT KRÖMER und THORSTEN STRÄTER. Der immer finster dreinschauende „Grufti“ oder „Emo“ wiederum steht vermutlich eher nicht kurz vor dem Suizid, sondern genießt sein Leben. Aber, und so langsam nähern wir uns der Verbindung zur Musik, in gewissen Szenen ist die Rate der potentiell verletzten Seelen schon überproportional hoch – vor und auf den Bühnen. Und natürlich zählen dazu neben der schwarzen Szene auch die Metalheads.

Der Wink mit dem Bändchen

HOLLY LOOSE (LETZTE INSTANZ, HOLLY LOOSE UND DAS KABINETT DES GLÜCKS) hat am 18. September diesen Jahres auf ein Projekt von METALITY und somit auf dieses schwierige Thema aufmerksam gemacht. Schaut euch hier den originalen Beitrag an:

Guten Tag. Heute mal ein wichtiges Thema, welches ich zuweilen in den Lied-Texten von Letzte Instanz und bei meinem Solo-Projekt „Holly Loose und das Kabinett des Glücks“ thematisiere.

Kennt ihr das „Black Dog Projekt“ von Metality ?

Ein Bändchen gegen ein Tabu. Depression.

Depression als Volkskrankheit. Millionen sind davon betroffen. Auch Metalheads.

Eine aktuelle Studie mit 6 000 Metalfans ergab, dass viele von ihnen schon einmal Erfahrung mit dem „Black Dog“ gemacht haben, der sich langsam in deinen Kopf schleicht und sich dort immer breiter macht. 40 Prozent der Befragten in der Stichprobe gaben an, dass „Metal mir schon mal das Leben gerettet hat“. Darunter auch der Autor der Studie und des Buches „Hard, Heavy & Happy“ selbst: Metality-Mitglied und Diplompsychologe Dr. Nico Rose.

Depression ist eine Tabu-Krankheit. Viele Betroffene wagen es nicht, darüber zu sprechen. Mit der Folge, dass sie und ihre Angehörigen immer tiefer in einen Abwärtsstrudel von Stigmatisierung, Schuldgefühlen, Überforderung und Alleinsein gezogen werden.

Diesen Teufelskreis will der Verein versuchen zu durchbrechen. Zum Beispiel mit seinem Festivalbändchen, das einen „Black Dog“ zeigt, das internationale Symbol für die Erkrankung.

Wer es trägt, signalisiert damit unauffällig, dass er offen für das Thema ist und Aufmerksamkeit dafür in der Gesellschaft schaffen möchte – entweder als selbst Betroffener, als Angehöriger oder einfach als Mensch mit offenem Ohr. Er kann zwar keine professionelle Hilfe leisten, aber er ist ansprechbar und kann damit diskret und behutsam umgehen.

Du möchtest mit einem Bändchen deine Solidarität zeigen? Dann kannst du über unten stehenden Link  eins bekommen. Kostenlos. Weil sie das Projekt wichtig finden.

Der Verein freut sich sehr über eine kleine Spende an die Vereinskasse, per Paypal (https://www.paypal.me/metality) oder andere Kanäle (s. Spendenseite)

Außerdem freuen sie sich über eine Nachricht von dir, warum auch dir das Projekt am Herzen liegt.

Brauchst du mehr Bändchen? Dann erzähl ihnen doch bitte kurz, wofür.

Bändchen gibt es hier:

https://www.metality.org/de/blackdog.

Alles Gute für euch!

holly

(Text: metality)

Hier und hier findet ihr die Originalbeiträge von Metality.

 

Mohamed Hassan
Pixabay Lizenz

 

Das Finale

Und damit habt ihr es schon fast geschafft. Dieser Beitrag soll euch weder belehren, auf wissenschaftlicher Basis erziehen, noch will sich hier jemand profilieren oder ausheulen. Dafür ist es auch viel zu komplex und hat eben doch zu wenig mit Musik im Allgemeinen zu tun.
Aber aufmerksam machen auf ein Phänomen, welches mittlerweile gar nicht mehr so selten ist (Stichwort „Volkskrankheit“) und deutlich mehr beinhaltet, als nur den oft anrüchig konnotierten Burn Out. Für eine tiefer gehende Betrachtung des Themas schaut bitte auf Wikipedia vorbei.
Dieser Beitrag soll euch sensibilisieren, nicht weg zu sehen und gern auch zuzuhören, statt oberflächlich oder gar verächtlich zu reagieren.
Na, wer von euch fühlt sich jetzt erwischt, „Emo“, „Burn Out“ und „Depri“ schon mal als Schimpfwort genutzt zu haben?
Die Aktion und auch dieser Artikel zielen darauf ab, euch auf dieses Thema aufmerksam zu machen, euch zu trainieren nicht weg zu sehen, sondern die Personen um euch herum im Blick zu behalten. Holt das Thema aus der Verächtlichkeit, nehmt ihm das Label „Tabu“, nutzt eure Empathie. All das sind übrigens ganz basische soziale Dinge, die auch gesellschaftlich betrachtet höchst vorteilhafte Auswirkungen hätten.

Wir finden die Aktion Klasse und möchten sie gern stärken, natürlich mit eurer tatkräftigen Unterstützung. Holt euch das „Bändchen gegen ein Tabu“ mit dem stilisierten Black Dog.

Gern hätten wir hier noch den Verein „Metality“ deutlicher zu Wort kommen lassen, aber leider kam die erbetene Einlassung bis Redaktionsschluss nicht bei uns an. Gern liefern wir diese aber nach und erinnern euch an das Thema und die damit verbundene Aktion.

Hier sei euch zum Abschluss noch dieses kleine Video der WHO empfohlen, welches das Thema anhand eben jenes Black Dogs noch einmal leicht verdaulich veranschaulicht:

Auch dieses Video ist wunderbar, leider nur auf Englisch. Stellt euch per Klick aufs Zahnrad die Untertitel auf Deutsch bzw. „automatisch übersetzen“ ein, dann macht das Ansehen auch Sinn.

Allen, die mir bis hier hin gefolgt sind, zolle ich Respekt. All denen, die sich die Zeit nehmen, das gelesene zu überdenken und zukünftig toleranter und achtsamer sein werden, danke ich schon jetzt im Voraus herzlichst.

Passt auf euch und euer Umfeld auf, bleibt gesund und jagt den Black Dog davon!

Bilder: Ric Uhlmann (mit freundlicher Genehmigung) und Pixabay

 

Gordon Johnson
Pixabay Lizenz

Geschrieben von: Dany Wedel

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