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KONZERT REVIEWS

10 Jahre Kulttempel – Tag 3: Das Finale!

today17. September 2022 146 5

Hintergrund
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Wer erinnert sich an 2008 und den, nennen wir es „Sommerhit“ des Jahres?
„…Flasche leer, Feuerwehr, drei Tage wach;
Laufen geht jetzt auch nicht mehr, drei Tage wach;
Auf geht’s, ab geht’s, drei Tage wach;
Nächste Party kommt bestimmt, drei Tage wach;
Afterhour, vor der Hour, drei Tage wach;
Drei Tage wach, jetzt wirst du langsam schwach…“

Ja ja, real Gothics are disgusted, aber diese Zeilen treffen es ganz gut. Gab es dazu eigentlich einen Nachfolger, der beschreibt, wie man sich da wieder berappeln kann? Und nein, die bunten Pillchen, mit deren exzessivem Konsum sich dieser Track mehr oder weniger kritisch auseinandersetzt, sind keine wirkliche Option.

Wir haben bisher zwei Drittel dieses besonderen Geburtstagsevents unseres „Wohnzimmers“, dem Kulttempel Oberhausen, hinter uns gebracht und merken, dass die alten Knochen, insbesondere nach den letzten schwierigen Jahren, nichts mehr gewohnt sind. Übrigens ist „Wohnzimmer“ in diesem Zusammenhang nicht nur eine gern genutzte Phrase, sondern fasst ganz gut dieses heimelige Gefühl in unserer Lieblingslocation gut zusammen. (Sprachpuristen heulen bei solchen Konglomeraten in ihre verkrampften Hände, das ist speziell für Euch; Anm. der Redaktion).
Zurück zum Thema: wir sind nach den ersten beiden Tagen „10 Jahre Kulttempel“ voller viel zu lauter Musik, Alkohol und Zigaretten, jeder Menge Gespräche auf hohem (Lärm-) Niveau, schon ganz schön kaputt. Zumal unser Hotel zu unmenschlichen Zeiten zum Verzehr des gebuchten Frühstücks ruft, da lohnt das hinlegen kaum. So haben wir im Rückblick auf die Geschichte unseres Geburtstagskindes das Paradoxon aufgedeckt, das man zwar auf alten Fotos jünger aussieht, auf jüngeren Fotos jedoch ganz furchtbar alt…
Egal, schlapp machen gilt nicht, denn heute steht das große Finale an. Im Zweifel helfen Sunglasses at Night, um das Pandagesicht zu verstecken.
Nach EBM und Hard-/ Harsh Electro, wird es heute deutlich melodischer, wenn technoide Tanzrhythmen, ausschweifende Synth- Hooks und tief schürfende Lyrics auf dem Speiseplan stehen.
Dann lasst uns doch mal gemeinsam schauen, ob unsere Erinnerungen deckungsgleich sind, oder ob mancher von Euch zu dem Schluss kommt, ordentlich was verpasst zu haben (Spoiler: das habt Ihr, die Ihr nicht dabei wart, definitiv; Anm. der Redaktion).

Wir kamen kurz nach Öffnung der Tore am KULTTEMPEL an und waren erstaunt, dort keine Menschentraube vorzufinden. Im Saale steigerte sich das Erstaunen abermals, denn es war tatsächlich schon recht gut gefüllt. Ganz offensichtlich hatten die meisten Gäste ein Wochenendticket im Vorverkauf geordert (sehr vorbildlich; Anm. der Redaktion). Dieses wurde bereits am ersten Tag mit einem Festivalbändchen belohnt, welches den Check In ins Vergnügen ungemein beschleunigte.

Los geht es…

SONO
(c) STÖRBILD/ Frank Güthoff

Das Opening übernahm die Band SONO aus Hamburg, die nun mit 21 Jahren Geschichte auch voll geschäftsfähig, also offiziell „erwachsen“ ist. Nach Martins krankheitsbedingtem Ausfall konnte sich das Trio endlich wieder vollzählig präsentieren.

Der Einstieg war etwas ruhiger, um die Gäste erst einmal willkommen zu heißen, bevor die Intensität sprunghaft anstieg und die Crowd so richtig auf Temperatur brachte. Angeheizt ging es rüber zu „Flames Get Higher“. Die Gäste kamen so richtig in Fahrt und rissen die Arme hoch, feierten, tanzten, jubelten und sangen natürlich lauthals mit. Auch LENNART A. SALOMON war nun auf „Supersonic“, beim gleichnamigen Song ebenso wie bei den anderen großen Hits wie „Keep Control“, „Light It Up“ und all den weiteren Tanzflächenfüllern. Es folgte eine Danksagung Lennarts an Peter, den Kulttempel und das Team, welche uns eine kleine Verschnaufpause schaffte. Dann folgte eine emotionale Ansprache zum folgenden Song, dem großartigen DAVID BOWIE Cover „Space Oddity“. Diesen Song stellte SONO 2020 erstmalig live beim „Konzertsommer im Revier“ im Zirkus Probst in Gelsenkirchen, initiiert unter anderem von PETER JURJAHN als Ausweichlösung für den zwangsweise geschlossenen Kulttempel, vor. Von der Situation sichtlich ergriffen, und mit buchstäblichem Pipi in den Augen, schilderte Lennart die Entstehungsgeschichte dieses im ersten Lockdown entstandenen Werkes. Damit war allerdings noch lange nicht Schluss und es wurde wieder kräftig weiter getanzt.
Die verschobene „21 Years“ Tour startet übrigens am 13.April 2023 in Hamburg und lädt am 20. April 2023 wieder zum Tanz in den Kulttempel Oberhausen (Details und Tickets bekommt ihr hier).

FROZEN PLASMA
(c) STÖRBILD/ Frank Güthoff

Zur folgenden Band muss vermutlich gar nicht so viel gesagt werden. Kopf dieses Duos namens FROZEN PLASMA ist der umtriebige VASI VALLIS, dem immer wieder seine Beteiligung an einigen Projekten vorgeworfen wird. Warum eigentlich, wo allein in unserer Szene etliche weitere Künstler deutlich mehr Pseudonyme und Acts am Start haben? Egal, der Mann ist durchaus streitbar und begegnet solchen Anwürfen mittlerweile mit abgeklärter Fassung. Seit 2005 liefert er uns tiefgründige Texte im partytauglichen Outfit, vorgetragen von dem lebendig gewordenen Synonym des Begriffes „Rampensau“, FELIX MARC.
Und all den Neidern und Puristen der Szene sei ein „Achtung“ zugerufen, denn der Tempel war voll – vor, während und nach FROZEN PLASMA, so ungeliebt können Band und Style also nicht sein…
Angekündigt wurden die beiden Protagonisten durch den Puppekopp JENS DOMGÖRGEN mit der Beschreibung „der griechische Donnergott und sein Schwabenadonis“, was sollen wir da jetzt noch zu sagen?
Der Einstieg mit „Age After Age“ legte sofort die Marschrichtung fest, es sollte ein High Energy Synth Fest werden. Und der wurde es, mit nur wenigen Ruhepausen bei Songs wie „Moths“ oder „King Of Pain“. Die heute in dezentes Schwarz gehüllte „Gefühlsmaschine“ Felix beanspruchte die ganze Bühne für ausschweifende Performances und das Publikum feierte frenetisch mit, unter anderem bei den großen Hits „Warmongers“, „Living On Video“ und „Murderous Trip“.
Aufgelockert wurde die „Arbeit“ der vielen hundert Leute durch ein paar frech frivole Ansagen Felix‘, deren Inhalt wir zum Schutze erzkatholischer Fledermäuschen hier nicht wiedergeben können, wollen, dürfen.
Krönender Abschluss war das hymnische „Irony“. Ein besonders ergreifender Moment war das minutenlange im Gleichtakt mitwedelnde Publikum, der auch an Vasi nicht spurlos vorbei ging.
Völlig durchnässt und fertig, verließ die Band die Bühne für die etwas längere Regenerationspause bis zum nächsten Act.

Gewinnt hier einen Eindruck von der Stimmung.

Hier könnten wir jetzt entspannt die Bar belagern, in den Biergarten gehen und Gespräche bis zum Abwinken führen. Aber nein, denn die einzigen Gäste, die dem Hausherrn regelmäßig ein „Hausverbot“ erteilen (natürlich nur aus Spaß, also vielleicht, hoffentlich…; Anm. der Redaktion), haben da etwas Spezielles vorbereitet. Der Chef wurde auf die Bühne gerufen, um von prominenter Position aus ein Video anzusehen, welches Vorgenannte, mithilfe einiger durchaus bekannter Gastgesichter, angefertigt haben. Es enthielt ein paar emotionale und viele witzige Momente, Grüße und Wünsche von Künstlern, Mitarbeitern und Gästen, gerichtet an Peter Jurjahn, seine Crew und Helfer und ganz global an den schönsten Ort im Ruhrgebiet – den Kulttempel.

DIORAMA
(c) STÖRBILD/ Frank Güthoff

DIORAMA… Sind das nicht die, mit diesen furchtbar schweren Texten und total vertracktem und verspieltem Songwriting? Jein, genau das sind sie, vielleicht…

Ja, TORBEN WENDT wandelt seit nunmehr 26 Jahren auf höchst exklusiven musikalischen Pfaden, die eine Einordnung in die klassischen Schubladen schlichtweg unmöglich machen. Vom verkopften Singer-/ Songwriter Alternative Pop, über Synth Pop, Future Pop und Progressive Wave, bis hin zu balladesken Piano Stücken, ist irgendwie alles mit allem verwoben. Oft sehr abstrakt und kantig, dennoch im Endergebnis immer irgendwie stimmig. Die Lyrics sind meist etwas mystisch und sehr schwer, was das Gesamtkunstwerk für so manchen einfach nicht greifbar werden lässt. Wir empfehlen aber jedem, sich mal näher mit dieser Band zu befassen, es lohnt sich definitiv. Übrigens sehen wir Felix Marc, hier in den Funktionen als Keyboarder und Background Sänger, als klaren Sieger des Abends, was Bühnenpräsenz und Spielzeit betrifft. Wobei, diesen letzten Satz müssen wir wohl gleich wieder relativieren, wie sich gleich noch zeigen wird. Offenbar hatte Felix seinen Koffer mit den Bühnenoutfits im Hotel vergessen, denn nach der Session zuvor mit FROZEN PLASMA hatte er nichts mehr zum Wechseln bei und musste, obenrum nur mit Hosenträgern bekleidet, seinen zweiten Auftritt hinlegen.
Auch DIORAMA steckten voller Spielfreude und gingen gleich mit Vollgas in ihr Set. Songs wie „Gasoline“, „Synthesize Me“, „Patchwork“, oder „Ignite“ hielten den Power Level verdammt hoch. Torben schien den Felix in Sachen Performance noch einmal deutlich übertrumpfen zu wollen und rannte, sprang und zuckte, wie von der Tarantel gestochen, auf der Bühne auf und ab, dazu jede Menge Clownereien mit den Kollegen an den Instrumenten.

Die Stelle des Keyboarders könnte zukünftig unbesetzt bleiben, da das Publikum nicht nur wie üblich mitsang, mitklatsche, mittanzte, sondern sogar die Synthlines vokalistisch interpretierte. Das Publikum war also auch irgendwie das fünfte Bandmitglied. Der Saal, inklusive des Ranges, tobte durchgängig und brachte den Tempel zum Kochen. Offenbar waren aber auch einige nach der Show so ausgepowert, dass sie für den letzten Act des Abends keine Energiereserven hatten und das Haus verließen. Das ist zwar schade, aber voll war der Kulti ja immer noch und der guten Stimmung tat das keinen Abbruch, wie ihr gleich erfahren werdet.

ROTERSAND
(c) STÖRBILD/ Frank Güthoff

Nun zog ein Nebel auf und der Meister der Potis betrat die Bühne. Es war KRISCHAN JAN-ERIC WESENBERG, ein Teil von ROTERSAND und spielte die Melodie von „Merging Oceans“ ein. Unbemerkt huschte jetzt RASCAL HÜPPE ebenfalls auf die Bühne, womit der offizielle Headliner des Abends (an einem Abend voller Headliner; Anm. der Redaktion) nun komplett war und das Publikum noch einmal so richtig in Fahrt brachte mit ihrem progressiven Trance- und Techno Sound. Wie, so etwas gibt es auch in der schwarzen Szene? Ja klar, wie diese Band seit mittlerweile mehr als 20 Jahren erfolgreich beweist. Das schreit nach einer Jubiläumsfeier! Also Jungs, ihr wisst was das heißt. (Hier könnte jetzt ihr Zwinkersmiley stehen; Anm. der Redaktion) Aber nun zurück zum Wesentlichen: die Jungs haben so richtig eingeheizt, die Party war im vollen Gange, das gesamte Publikum hat die Herren von ROTERSAND sprichwörtlich durch die ganze Show getragen. Wir wurden unter anderem mit „Grey“, “What Ever“, “Torn Realities“, “Silence“, “Waiting To Be Born“ und “Exterminate Annihilate Destroy“ zum feierlichen Klimax getrieben. Ein paar winzige technische Stolpersteine wären eigentlich nicht der Erwähnung wert gewesen, wenn unsere zwei Protagonisten sie nicht für Späße auf der Ebene von Frotzeleien eines alten Ehepaares genutzt hätten. Diese offensichtlich gute Laune spiegelte sich auch in der gesamten Performance wider, bei der Krischan, deutlich öfter und forscher als üblich, die Show mit Gesangsparts und Shouts vom vorderen Bereich der Bühne versorgte. Und natürlich gratulierte Rascal dem Klub und seinem „Vater“ im Namen der Band zum Jubiläum.

Nach dem Konzert sorgte DJ Bocky O’Brian dann bei der rektalen Präsentationsfeier, neudeutsch After Show Party, für ausgelassene Stimmung bis in den frühen Morgen.
Wir gehörten nicht zu den allerletzten Gästen, da wir ja nach der Feierei noch genügend Fitness für den Redaktionsjob vorweisen müssen und den Ort des Geschehens um zirka drei Uhr verließen.
Okay, ertappt, wir Waschlappen hatten diese Fitness schon Donnerstagabend nicht mehr, aber das bleibt bitte unter uns. Versprecht ihr uns das? Wenn ja, lesen wir uns an dieser Stelle demnächst öfter. Wenn nicht, allerdings auch…

Bleibt auf dem Laufenden und schaut hier beim Kulttempel vorbei, oder folgt ihm auf Facebook. Hier kommt ihr direkt zum Ticketshop des Kulttempels.

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Autoren: Yvi & Dany

Geschrieben von: Dany Wedel

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