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Am 14. April 2022 durfte ich mein erstes Live Konzert von CYTO, im Oberhausener Kulttempel, genießen.
Von der Show berührt, keimte daher ziemlich schnell der Wunsch, ein wenig mehr über Arc Morten, Christoph Schauer und Krischan Wesenberg zu erfahren.
Da das Trio zeitlich sehr eingespannt ist, standen die drei sympathischen Musiker mir in einem schriftlichen Interview Rede und Antwort und positionieren sich hinsichtlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Prinzessin Prisma: Wenn ein Filmmusik Komponist und ein Singer-Songwriter ein gemeinsames “Zell-Projekt” gründen, klingt das in erster Linie sehr spannend, lässt jedoch auch vermuten, dass hier zwei völlig unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen. Nun kennt euch ja auch schon ein Weilchen- was hat euch 2017, oder war es 2018… letztendlich zur Zusammenarbeit bewogen?
Morten: Wir haben zwischen 2000 und ca. 2007 in der Elektro-Rockband LEM bereits zusammengespielt und wussten, auf wen wir uns einlassen ?. Außerdem hatten wir eigentlich schon immer eine sehr bildhafte Vorstellung von Musik und eine Vorliebe für Soundtracks. Meine erste LP, die ich mir gekauft habe, war John Carpenters „Escape from New York“…
Ich schätze Christophs Herangehensweise an Musik sehr und wir wissen eigentlich immer, wo der andere gerade hin will. Das ist enorm hilfreich, wenn man bei der Entstehung von Stücken erst noch mit Skizzen arbeitet. Wir müssen uns dadurch nicht ständig erklären. Und ja, wir ticken in den meisten Bereichen sehr unterschiedlich; musikalisch sind wir aber auf einer Linie.
Wir haben uns dann nach der Auflösung von LEM ein wenig aus den Augen verloren, bis Christoph mich eines Tages anrief und fragte, ob ich Lust hätte zu seinem neuen Projekt (das war damals Morphose) für 2 Stücke etwas auszuprobieren. Ich schickte ihm dann die Takes zu „Again“ und „The Fray“. Das war sozusagen der Zündfunke.
Kurz danach arbeitete Christoph am Soundtrack zum Scifi Thriller S.U.M. 1 und in diesem Kontext haben wir dann das Stück „Dream Off“ in der ersten Version aufgenommen. Nachdem ich dann auch noch nach Berlin gezogen bin, lag es auf der Hand, dass wir nochmals etwas gemeinsam starten wollten. Wir haben CYTO gegründet und „Again“ und „The Fray“ nochmal überarbeitet und in den CYTO Kontext gebracht.
Prinzessin Prisma: 2018 habt ihr für den Kino Thriller ‘Abgeschnitten’ mit „Right Now“ dem Titeltrack geliefert. In der ZDF Serie ‘Sløborn’ hatten die beiden Tracks „River Runs Red“ und „Again“ ihren Einsatz. Welchen Stellenwert nehmen Film und Fernsehen in eurem Leben ein?
Morten: Christophs Beruf/Profession war für CYTO natürlich extrem hilfreich.
CHRISTOPH: Ich konnte durch meine Arbeit als Filmmusik Komponist CYTO Titel unterbekommen. Filme haben meine Entwicklung als Musiker sehr beeinflusst. Ohne Filme wäre ich nicht Musiker geworden, hätte keinen richtigen Zugang zur elektronischen Soundtrack Musik gehabt. Viele Musikvideos aus der Zeit der 90er und 2000er sind für mich kleine Kurzfilme, die mich auch geprägt haben.
Prinzessin Prisma: 2019 wart ihr auf dem WGT zu Gast. Viele Künstler träumen davon, auf diesem besonderen Szene-Festival spielen zu dürfen. So kurz nach Gründung war dies sicherlich ein absolutes Highlight in eurer Karriere. Mit welchem Gefühl seid ihr aus Berlin nach Leipzig gereist?
Morten: Das war schon grandios. Zumal wir eher von außerhalb der Szene kamen und von Anfang an so unglaublich viel „Vorschusslorbeeren“ und Support erhalten haben. Wir hatten an dem Tag den ersten Live Slot – mittags. Ich dachte, dass da sowieso keiner kommen würde und wir eher ne öffentliche Probe haben würden. Weit gefehlt – wir waren dann doch sehr positiv überrascht.
Prinzessin Prisma: Abgesehen vom WGT, auf welchen Festivals wird man euch zukünftig performen sehen? Gibt es eine “Location-Wunschliste”?
CHRISTOPH: Wir werden in diesem Jahr noch Shows nachholen, die aus 2020 und 2021 gebucht waren. Alles sehr schöne Termine.
Morten: Und dann – mal sehen, was kommt…
Prinzessin Prisma: Pandemiebedingt hattet ihr in den letzten zwei Jahren kaum Chancen, live zu performen. Viele Künstler sind in dieser Zeit in eine depressive Stimmung verfallen, andere haben die Musik als Ventil genutzt und sich förmlich in die Arbeit geflüchtet. Wie habt ihr die Zeit für euch nutzen können?
Morten: Ich habe die Zeit zum Einen als tiefen Einschnitt erlebt. Zumal wir kurz vor dem Lockdown unseren Release ‚Antimatter‘ hatten. Das war eine mentale Vollbremsung und unglaublich kraftraubend für mich. Zumal die Produktion zu ‚Antimatter‘ uns auch sehr viel Kraft abverlangt hat. Es wurde alles auf Null gesetzt und wir haben dann einen Prozess gestartet, andere Arbeitsweisen zu probieren und aus der Krise auch etwas Neues zu entwickeln. Einfach so weitermachen nach der Zeit ging nicht.
Zu dem Prozess der Neuaufstellung gehörte dann auch der Schritt, Krischan, der ja schon bei ‚Antimatter‘ das Mastering gemacht hatte, mit ins Boot zu holen. Der Prozess ist auch noch nicht abgeschlossen. Zurzeit probieren wir Einiges aus und sind aber auch noch auf der Suche…
CHRISTOPH: Die Pandemie hat aus meiner Sicht CYTO in eine schwere Schlagseite gebracht. Wir waren Anfang 2020 auf einem guten Weg, dann brach alles weg, was uns total ausgebremst hat. So richtig haben wir uns noch nicht gefangen und sind auf der Suche, wie wir weiter zusammen Musik produzieren wollen. Auf der Bühne ist es aber genauso wie vor der Pandemie, was mich persönlich unheimlich freut, dass da diese Energie nicht gelitten hat.
Prinzessin Prisma: Ende 2021 ist, mit Musikproduzent, DJ und kreativer “Alleskönner” Krischan Wesenberg, aus dem CYTO Duo ein Trio geworden. Wie kam es zu dem Entschluss, Krischan mit an Bord zu nehmen?
Morten: Wie du schon sagtest…Krischan ist ein Alleskönner? Und darüber hinaus auch ein großartiger und tiefenentspannter Mensch…
CHRISTOPH: Man sah und hörte bei den letzten beiden Konzerten, warum Krischan so wertvoll als Mensch und Musiker ist. Er bereichert das Projekt an jeder Ecke – und ich glaube auch, dass CYTO das gefehlt hat – diese Art und Haltung zur Musik, die Krischan ausstrahlt.
Krischan: Wir hatten uns bei einem der ‘Pool of Darkness Festivals’ kennengelernt. Hatte mir da CYTO auf der Bühne angeschaut, nicht wissend, dass das Morten’s und Christophs erste Live-Show ueberhaupt als CYTO war. Ich mochte sowohl die Art der Musik, als auch die Performance sehr, beides strahlte eine gewisse Ernsthaftigkeit und vor allem Hingabe aus. haben uns dann am nächsten Morgen vor dem Hotel ein wenig angenehmst unterhalten.
Prinzessin Prisma: Immer wieder liest man, dass CYTO stark von 80er Acts, wie JOY DIVISION, GARY NUMAN und BAUHAUS inspiriert wird. Auch finden die frühen NIИ in eurer Stilbeschreibung ihre Erwähnung. Persönlich konnte ich erstmals im April 2022 einen eurer Live-Auftritte genießen und würde Einflüsse von THE SISTERS OF MERCY und NIИ bestätigen wollen. Beides große Acts. Gerade Trent Reznor überzeugt bis heute mit seinen experimentellen Projekten.
Könnt ihr diesen Eindruck bestätigen und kommen mit Krischan ggf. mehr elektronische Elemente in euren Sound?
Morten: Naja, ich bin mit Bauhaus, Swans und Joy Division aufgewachsen. Da liegt es nahe, dass man gewisse Einstellungen und Attituden im Laufe des Erwachsenwerdens für sich vereinnahmt. Wir klingen ja nicht wie Bauhaus oder JD. Es ist vielmehr der Spirit dieser Gruppen, der das Schaffen beeinflusst.
CHRISTOPH: Jeder der o.g. hat eine Haltung zur Musik, die ich auch so empfinde und mich wiederfinde. NIИ hat mich mit der ‚Downward Spiral‘ und ‚Fragile‘ sehr beeinflusst, wie viele andere Bands natürlich auch.
Krischan: Naja, CYTO stand ja schon vorher an sich auf einem klar elektronischem Gerüst, das eher durch die Stimmung und die Soundfarben an die oben genannten Referenzen anknüpft, wobei dass riesige Schuhe sind. Wegen dieser Stimmung in den CYTO-Stuecken bisher (neben der menschlichen Komponente) freu ich mich tierisch, als drittes Rad am Wagen dabei zu sein und den Sound von CYTO eher weiterzuentwickeln und zu vertiefen.
Prinzessin Prisma: Pandemie und Kriegsgeschehnisse bedrücken aktuell die Stimmung und beeinflussen die Gefühlswelt der Menschen. Inwiefern spiegeln sich diese Themen oder hervorgerufenen Emotionen in eurer Arbeit wider?
Morten: Wir alle teilen diese Realität und damit findet sie auch ihren Weg in meine Texte. Und zwar durch meinen ganz persönlichen Filter und oftmals nicht ganz offensichtlich. Ich schreibe weder Friedenslieder, noch betreibe ich textlich polit. Farbenspiel. Das interessiert mich nicht, obwohl ich mich als politischen Menschen verstehe. Ich beschäftige mich eher mit der persönlicheren Ebene. Trotzdem sind viele Texte politisch, wie „River Runs Red“ oder „Again“ oder auch „Losing Zion“, was es bislang nur als Live Stück gibt. Ich finde es ein wenig gruselig, wenn ich z.B. an „Flashlights“ (‚Antimatter‘) denke.
Das Stück ist im Oktober 2019 erschienen und beschreibt eine Virus Pandemie, die dann ein paar Monate später auch noch zur Realität wurde…Ähnlich geht es mir mit „River Runs Red“. Als ich den Text geschrieben habe, hatte ich die Pegida Bewegung im Kopf. Später kamen dann die Querdenker…Das Stück wird traurigerweise wohl immer aktuell bleiben…
CHRISTOPH: Die Ereignisse an sich sind in der Reflexion, im Zusammenhang mit dem Musikmachen, für mich nicht primär bedeutsam. Die Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit dazu, wie während der Pandemie bspw. dann schon eher. Ich selber halte mich nicht für so wissend, dass ich mit meinen Ansichten zu den grossen aktuellen Themen direkt was dazu sagen oder daraus Musik machen muss. Es sind so komplexe Zusammenhänge, das schaue ich mir lieber für mich selber erstmal an.
Prinzessin Prisma: Zuletzt habt ihr 2019 mit ‘Antimatter’ eine 6-Track EP auf den Markt gebracht. Ein Jahr zuvor gab es ebenfalls sechs Stücke auf der ‘Dark Matter’. Jetzt interessiert uns natürlich, wann das nächste Werk von CYTO sein Release finden wird und ob es sich um eine EP oder sogar einen Langspieler handelt…
Morten: Mal schauen…
Krischan: Wir arbeiten fleißig daran, Stücke in ihre finalen Formen zu bringen, haben ja bereits einen neuen Titel letztlich zusammen Live präsentiert.
Prinzessin Prisma: Pleiten, Pech und Pannen, aber auch wunderbare Augenblicke, werden einem jeden Künstler in seiner Laufbahn beschert. Werfen wir abschließend noch einen kurzen Rückblick auf eure Karriere. Gibt es ein legendäres Konzert oder eine besonders einschneidende Situation, die bei euch besondere Emotionen hervorruft, wenn ihr daran zurückdenkt?
Morten: Für mich ganz klar unser erstes Konzert auf dem P.O.D. 2018. Mit dem Gefühl, dass es funktioniert. Und natürlich unser letztes Konzert vor der Pandemie, in der Markthalle Hamburg mit NEUROTIC FISH zusammen. Da hatte ich das Gefühl, dass wir angekommen sind. Alles war so selbstverständlich und souverän. Der perfekte Moment – sowohl auf der Bühne, als auch hinter und vor der Bühne!
CHRISTOPH: Ich kann für mich sagen, dass ich sehr dankbar dafür bin, dass da draußen, auch gerade in der schwarzen Szene, viele Menschen sind, die sich für Konzerte, Bands, neue Projekte usw. sehr begeistern können. Was ich da seit 2018 an Support und Begegnungen erlebt habe, ist verdammt motivierend, das Ganze so weiterzumachen – Musik produzieren, Tasche packen und ab auf die Bühne – Konzerte spielen! Einfach klasse!
Krischan: Die Minuten, bevor wir, letztes Jahr in Leipzig, zum ersten Mal zu dritt, die Bühne betraten, waren speziell.
Vielen Dank CYTO, für die Einblicke, die wir gewinnen durften und vor allem, für die Zeit, die ihr euch für das Interview genommen habt.
Wir freuen uns auf weitere Live Konzerte und wünschen euch viele unvergessliche Momente auf, hinter und vor der Bühne, die ihr gemeinsam auskosten und genießen könnt.
https://www.cytomusic.com/
https://m.facebook.com/CYTOBAND
BILDER
Frank Güthoff- Fotograf
Geschrieben von: Prinzessin Prisma
Arc Morten Christoph Schauer Cyto Interview Krischan Jan-Eric Wesenberg