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Was haben Subways und STURTZFREQUENZ gemeinsam?
Genau, beide bewegen sich im Untergrund.
Ja, zugegeben, eine Einleitung für den nächsten Flachwitz- Feiertag, aber hilft ja nichts…
Versprochen, das Niveau dieses Artikels über das Album ‚Angstzustand‚ von STURTZFREQUENZ wird nicht so tief bleiben.
Also, Linguistik- Monks bekommen diverse Krämpfe beim Lesen des Bandnamens, das muss man einfach mal anmerken. Den Hintergrund für diese kreative Schreibweise konnten wir leider noch nicht recherchieren.
Was wir aber wissen ist, dass hinter diesem Projekt JENS V., der sich hinter dem Pseudonym JOGI versteckt, steht. Wir werden hier bei JOGI bleiben, um dem Macher den nötigen Respekt zu zollen.
Aktiv ist JOGI mit STURTZFREQUENZ bereits seit zwanzig Jahren. 2003 wurde dieses reine Studioprojekt ins Leben gerufen. Und dennoch ist es jünger, denn Pausenzeiten werden ja nicht mitgerechnet. Und Unterbrechungen gab es durchaus…
2005 erschien bereits die erste Demo- EP ‚Fehler im Sender‚, die auch auf CD verteilt wurde. Ja ja, offizielle Veröffentlichung war 2006, aber den Job der Klugscheißer erfüllen wir eben mit vollem Einsatz.
2007 erschien die Online- Single „Amok“, bevor 2012 das bisher letzte Album ‚Digitalkrieg‚ in die Freiheit entlassen wurde. Danach war erst einmal Schluss mit STURTZFREQUENZ, das reale Leben forderte mehr Ressourcen.
Interessant ist allerdings die Herangehensweise von JOGI.
Das Projekt STURTZFREQUENZ ist eine reine Studio- Spielerei. Somit schied der Kampf um Fans in schäbigen kleinen Kneipen und Clubs aus. Streaming, wie es heute Standard ist, gab es damals noch nicht. Allerdings gab es schon früh Plattformen, die Hobby- Künstlern Möglichkeiten zur Verbreitung ihrer Werke gaben. JAMENDO ist eine von denen und hat bis heute überlebt. Dort werden Songs an GEMA und anderen Ausschüttungsverbänden vorbei unter der CC- Lizenz angeboten. Diese Lizenz kennt manch einer von euch bestimmt von anderen Medien, wie beispielsweise Bildern und Fotos, die wiederum auf spezialisierten Plattformen feilgeboten werden.
Im Detail bedeutet die hier angewendete Lizenz, dass man die Werke kostenlos herunterladen und frei nutzen kann. Wichtig ist dabei lediglich die Nennung des Namens vom Urheber. Eine Bearbeitung und kommerzielle Nutzung sind ausgeschlossen.
Diese Plattformen sind Fluch und Segen zugleich. Einerseits kann man so seine Werke überhaupt erst anderen Menschen ohne größere finanzielle Risiken zugänglich machen, was ja per se eine tolle Sache ist.
Andererseits tummelt man sich dort in einem Meer aus mehr oder (oft) weniger kreativem Output, was die Sichtbarkeit furchtbar einschränkt.
Und noch ein Problem: wir Kritiker sind da eigentlich auch ziemlich hilflos und sogar unnötig.
Die meisten von uns sind selbst nicht kunstschaffend, was ein Urteil über den Wert von Kunst seiner Legitimität beraubt. Wobei, ist eine Beurteilung von Kunst überhaupt legitim?
Üblicherweise richten wir auch gar nicht über Kunst an sich, sondern über Konsumgüter. Denn kommerziell tätige Künstler stellen dem Konsumenten Produkte zur Verfügung, für dessen Erwerb und Nutzung Letztere ja zur Kasse gebeten werden.
Wir Kritiker sind in solchen Fällen also eher so etwas wie die STIFTUNG WARENTEST. Wir sagen euch, ob Werbeversprechen gehalten werden, ob der Zweck der Produktion erfüllt ist, ob ihr einen angemessenen Gegenwert für euren Einsatz erhaltet. Daher können wir euch hier an dieser Stelle sogar ein HEINO Album ans Herz legen. Denn bei aller Abneigung gegen Urheber und Musik ist der Gegenwert für euren Einsatz definitiv hochwertiger, als eine mit dem Handy getätigte Aufnahme meiner Gesänge unter der heimischen Dusche, so diese denn gegen Auslöse angeboten würden. Künstlerisch wertvoll kann mein Gegröle und Gegrunze ja dennoch sein.
Wie also jemanden bewerten, der gar nichts für seinen Output haben möchte? Dem es reicht, seine Produktionen mal in einem Webradio zu hören? Den einfach die Downloadzahlen in den Gratis Portalen erfreuen?
Ganz einfach, wir betrachten es ganz nüchtern und technisch.
Oben genannte Releases bieten auf JAMENDO Hörerzahlen zwischen Siebentausend und Siebenundvierzigtausend, dazu eine durchschnittliche Downloadrate von etwa 2200.
Das langt beileibe nicht für eine Rockstar- Karriere, ist für Musik aus diesem Spektrum auf einer solchen Plattform aber schon sehr respektabel.
Sehr schön ist hier die Entwicklung JOGIs zu verfolgen: zwischen ‚Fehler im Sender‚ und ‚Angstzustand‚ liegen ganze Universen.
‚Angstzustand‚ ist nun also die neueste und erste Veröffentlichung nach Beendigung der kreativen Pause. Erschienen ist das Album bereits am 7. Mai und offenbart einen Taktikwechsel. Statt auf einer dieser sehr undergroundigen Plattformen wie JAMENDO, verbreitet JOGI sein Album jetzt über alle großen Streaminganbieter. Ihr könnt zwischen sieben Plattformen wählen, allesamt aus der Oberliga der Anbieter, seht hier selbst!
Musikalisch ist es reifer und besser produziert, die Stimmung deutlich dunkler als bei den Vorgängern.
Thematisch befasst sich STURTZFREQUENZ mit diversen Formen der Angst.
Stilistisch stecken da EBM- Stomps, Dark Electro Sounds, ein bisserl Electro Punk und Anleihen von Industrial drin.
Laut JOGI kommen bei der Produktion analoge und digitale Synthesizer zum Einsatz.
Den Autor, der Musik ja generell liebt und sich für Euch bei RADIO SCHWARZ WELLE mit jeder Menge kreativem Output Kunstschaffender beschäftigt, hat dieses Album leider nicht überzeugt. Ganz subjektiv nimmt es ihn einfach nicht mit, ihm fehlen einige Details, die es zu etwas Besonderem hätten machen können. So plätschert es irgendwie an ihm vorbei. Anerkennung gibt es für dieses Werk dennoch, aus den vielen vorgenannten Gründen. Und einen Daumen hoch für die wirklich beachtliche Fortentwicklung seit dem Debüt.
Ganz objektiv können wir euch dieses Release dennoch empfehlen. Schon allein aufgrund der Tatsache, dass ihr es (finanziell) risikolos konsumieren könnt. Hört es euch an, fällt ein eigenes Urteil und entscheidet, ob ihr STURTZFREQUENZ weiter folgen möchtet, oder eher nicht.
Wir möchten sogar explizit, dass ihr das Album mindestens einmal in voller Länge anhört, schon aus Respekt vor dem Künstler.
Denkt immer daran: ohne Leute wie JOGI gäbe es überhaupt keine Kunstszene, auf der all die Subkulturen fußen.
Muss man nicht haben, kann man aber!
Act STURTZFREQUENZ
Release Angstzustand
Release Date 07.05.2023
Label ohne/ self released
Medium Stream
Quellen alle großen Portale, siehe hier
JOGI sorgt für alles selbst: Texte, Musik, Gesang, Artwork, etc.
BIRGIT C. aka AURINKO sorgt für weiblichen Gesangsparts
Folgen könnt ihr STURTZFREQUENZ im Web, auf Facebook und Instagram.
Medialer Output findet sich auf Jamendo, SoundCloud, Last.FM, Youtube und hier.
Unseren Stream und viele weitere redaktionelle Inhalte bekommt ihr auf unserer Website, aktuelle Artikel und mehr auf unserer Facebook Präsenz.
Geschrieben von: Dany Wedel
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