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today2. April 2023 240 2 5
„Komm nach Köln, hast es ja nicht weit“ hat er gesagt, „Lass uns zusammen feiern“ …
Die Rede ist von JAMES KNIGHTS, der uns zu seiner Live- Performance als KNIGHT$ eingeladen hat.
Was der smarte Brite nicht einkalkuliert hat, ist der Irrsinn eines Ferienbeginns in Deutschland.
Unterm Strich dauerte die Anfahrt länger, als das komplette Konzert inklusive des Supports durch PLASMASCHWARZ.
Aber drauf geschissen, es hat sich gelohnt! So kann man in ein Wochenende starten!
Für diejenigen unter euch, die nicht allzu oft im Bereich Köln feiern gehen, an dieser Stelle gleich ein Life Hack, wie es heute neudeutsch so schön heißt:
Bucht euch rechtzeitig im Internet einen Parkplatz, denn in der Kölner Altstadt habt ihr sonst keine Chance, eine Abstellmöglichkeit für euer rollendes Blechpferd zu finden.
Dies musste auch die Band MÄNGELEXEMPLAR aus Düsseldorf schmerzlich erkennen, die sich diesen Abend nicht entgehen lassen wollte.
Der TSUNAMI Club liegt in einer kleinen Gasse und wirkt sehr undergroundig. Ist er irgendwie auch, denn wie bei einem Eisberg sieht man erst einmal nur seine unscheinbare Spitze. Die eigentliche Lokalität befindet sich nämlich „unter Tage“.
Es ist ein kleiner, geradezu niedlicher Independent Club mit äußerst sympathischem Personal.
Alles wirkt ein wenig provisorisch, quasi ein Flashback zur Wiege der diversen Jugendsubkulturen der späten siebziger Jahre.
Und an dieser Stelle schließt sich der Kreis, denn an diesem Freitagabend gastierten Indie- Elektropop mit NDW- Attitüde und Italo Dance Pop in diesem Hause.
Den Anfang machte PLASMASCHWARZ. EVA H. ist offenbar eine Künstlerin mit Hang zur Selbstzerstörung. Anders kann man es kaum interpretieren, wenn eine Kölnerin angibt, auch in Düsseldorf gelebt zu haben. Die Lage eskalierte nur deshalb nicht, weil sie beschwor, mittlerweile wieder in Köln zu wohnen.
Ihr runzelt die Stirn? Glaubt uns, die Rivalität dieser beiden Städte ist geradezu legendär.
Aber Spaß beiseite, hier soll es schließlich um Musik gehen. Und Selbige hat offenbar bereits einen festen Hörerstamm erobert. Es strömte schon ein gehöriger Schlag Menschen in den Tanzkeller, um diesem Auftritt beizuwohnen.
Los ging es, artgerecht mit der Titelmelodie von KNIGHT RIDER als Intro.
Schon bei ihrem ersten Lied „Schöne Frau“ stand kaum jemand still, wenngleich nur beinharte Fans gewusst haben dürften, was da gerade läuft. Leider war der Sound nämlich absolut unterirdisch und entwickelte sich nur langsam über das gesamte Set Richtung „Annehmbar“ und „Verständlich“. Gerade bei einem muttersprachlichen Act ist das natürlich sehr schmerzlich und tut nicht nur dem Gast in den Ohren weh, sondern auch den auf Bühnen stehenden Künstlern im Herzen. Wenn ihre Werke nur zerstört bei der Audience ankommen, können sie kaum glücklich sein.
Vielleicht war „Perfektion“ dann auch ein Aufruf an Clubbetreiber und TechnikerIn? Die Fanbase ließ sich jedenfalls nicht beirren und applaudierte und johlte nach jedem Song ekstatisch.
Mit „Mein Kopf“ präsentierte PLASMASCHWARZ dann ihren wegweisenden Debütsong, der frenetisch gefeiert wurde. Dieser Track ist der Beleg für die musikalischen Wurzeln der Eva H.: ein bisschen D.A.F.- oder GRAUZONE- Attitüde, dazu simple und fast schon dadaistische Texte. Diese vermitteln durchaus tiefere Inhalte und sind weit weg vom Nonsens der späten NDW. Der Sound voller Synthpop und New Wave Zitate, unterm Strich aber modern und direkt, also ohne viel ablenkenden Schnickschnack. Dazu strahlt die Künstlerin bei ihrer Performance, wie auch außerhalb der Bühnenshow, eine einnehmende Offenheit und Freundlichkeit aus, die den Funken sofort überspringen lässt.
Schwer melancholisch wird es bei „Vollmond über Stahlwerk“. Es ist eine Hymne für alle, die in grauen Industriestädten ihr Dasein, gefangen im Alltag fristen. Mit „Paul ist tot“ und „Apokalypse“ geht thematisch rasant abwärts, musikalisch aber bekommen wir nach wie vor hochmelodischen Electro Pop. Die älteren von euch mögen sich für einen Vergleich an „Vamos A La Playa“ von RIGHEIRA erinnern, was ja auch nie so fröhlich war, wie es der 80s Italo Pop- Sommerhit es instrumental vorgaukelte. Womit wir irgendwie bereits die Brücke zum Main Act geschlagen haben, doch dazu gleich mehr.
Den Abschluss machte das ganz neue „Einsturz Absturz“, welches uns so ein bisschen deprimierende Lyrics im High Energy- Gewandt um die Ohren haut.
Kurz: das Publikum ward erfolgreich auf Temperatur gebracht, wie die lauten „Zugabe“ Rufe bewiesen.
Aufgrund einer nachfolgenden Veranstaltung war der Zeitplan für diese Veranstaltung allerdings eng und somit blieben diese langanhaltenden Rufe ungehört.
Unser Tipp an euch: behaltet PLASMASCHWARZ im Auge, es lohnt sich definitiv.
JAMES KNIGHTS ist ein gestandener Independent- Musiker. Das muss man zur Erklärung der nachfolgenden Zeilen erst einmal voranstellen.
Mit SCARLET SOHO beispielsweise bediente er sich aus den vielen Regalen der Popgeschichte, fügte moderne Experimente dazu und braute daraus einen hoch kreativen Output, der weit weg von allem war, was man nur ansatzweise als Mainstream bezeichnen könnte.
Mit HOLGER WOBKER betreibt er das wiederbelebte SynthPop- Projekt BOYTRONIC, welches zwar die Wurzeln in den 80ern nicht verleugnet, aber doch als modern zu bezeichnen ist.
Dazu tobt er sich mit MANFRED THOMASER (!DISTAIN, ARSIN TIBÉ) bei DEMOKRATIE im Bereich „Soundtracks für nie erschienene Filme“ aus: experimenteller Synthsound mit cineastischer Weite.
Und dann gibt es KNIGHT$: Italo Dance, der essentieller ist als alles, was ab den frühen 80s diesen Style prägte. Man weiß nie, ob er das wirklich ernst meint, oder ob es sich um eine Persiflage handelt.
Es ist so etwas wie „Ballermann für Erwachsene“ und das ist keinesfalls abwertend gemeint. Es ist ein Projekt, welches uns die oft vergessene oder aber auch verdrängte „Leichtigkeit des Seins“ vor Augen führt. Im Gegensatz zu den furchtbaren Mallorca- Party- Schlagern geht es hier allerdings nicht ums Saufen und das niveaulose Anbaggern von weiblichen, auf den Fließbändern von Schönheits- Chirurgen kaputt optimierten und natürlich immer zur Kopulation bereiten Wesen. Nein, hier geht es auch einfach mal um Speiseeis. Und das ist auch gut so, denn die Party erfreut und entspannt uns nur dann, wenn wir nicht über tiefere Inhalte nachdenken müssen.
Für diesen Abend hat JAMES einen bunten Strauß an eigenen Songs, großen Hit- Covern und Songs seiner anderen Projekte gebunden.
Falls irgendjemandem in dem mit etwa 60- bis 70 Köpfen gefüllten Raum noch nicht klar gewesen sein sollte, was ihn hier erwartet, eröffnete KNIGHT$ die Show wegweisend mit „Bang Boom Bang!“.
Muss ich erwähnen, das wirklich niemand still stand? Ich glaube nicht…
Der Sound war mittlerweile halbwegs anständig und somit bremste auch nichts mehr das Vergnügen aus.
JAMES schien etwas nervös, aber lieferte mit einer Menge improvisierter Aktionen eine mitreißende Show. Er verkündete auch immer wieder das Motto des Abends:
It’s Friday Night!
Die Interaktion mit dem Publikum funktionierte gut, es wurde ausgelassen zu „All You Can Eat“ (BOYTRONIC), „Gelato“ und „Shadows“ gefeiert. Mit „Proving A Point“ hatte er auch eine beachtenswerte Interpretation des eher etwas abseitigen 80s Electro mit Hip Hop- Einflüssen an Bord, die uns ohne Umwege direkt ins Jahr 1984 katapultierte. Nach „Julia“ folgte „Hijack My Heart“, zu dem er Mitarbeit des Publikums einforderte. An diesem Punkt erwies es sich allerdings als etwas schüchtern und verweigerte überwiegend den ihm zugewiesenen Gesangspart. Man weiß es nicht genau, aber vielleicht war es auch besser so, ha ha. Das ausgelassen gefeiert und getanzt wurde, haben wir ja bereits erwähnt und das änderte sich auch über den ganzen Abend nicht.
Hier tanzten Gruftis neben Berufsjugendlichen und der jüngsten Generation, die vermutlich gar nicht weiß, das der als Vorbild dienende Sound mehr als doppelt so alt ist, wie sie selbst. Musik verbindet halt und das ist auch gut so, wie ein ehemalig regierender Bürgermeister von Berlin einst sagte.
Nach „What’s Your Poison“ performte KNIGHT$ dann den wohl bekanntesten und größten Hit des Abends: „Hit That Perfect Beat“ (Bronski Beat). Hier wurde dann auch tatsächlich der Refrain vom Publikum mitgesungen. Zur erwähnen wäre hierbei, dass die Bühne immer voller wurde. Bereits von Anfang an betreute PLASMASCHWARZ die Tasteninstrumente, während James über die Bühne berserkerte und sogar im Publikum auf Wanderschaft ging.
Zu beiden vorgenannten Songs gesellte sich dann noch eine Dame, die die Songs mit einem der ikonischten Instrumente des 80er- Pops anreicherte: sie gab am Saxophon Soli und Backings zum Besten.
Nachfolgende Songs gehörten laut Setlist zwar zur Encore, aufgrund des engen Zeitplans verzichtete James allerdings auf die große „wir gehen jetzt von der Bühne und machen Feierabend“- Show, sondern schob ohne Unterbrechung sofort „Dollars & Cents“, sowie „Modern Radio“ nach. Damit war es aber leider auch schon wieder vorbei, die Karussellfahrt in die Vergangenheit fand ihr jähes Ende.
Natürlich ließ es sich KNIGHT$ nicht nehmen, noch etwas Zeit mit den Besuchern an seinem kleinen Merch- Stand zu verbringen.
Völlig entspannt und voller Endorphine im Blut traten wir dann den Heimweg an, für den wir dann gottseidank weniger als die Hälfte der Zeit, die uns die Anreise noch kostete, hinter uns brachten.
Wir finden, das solche Abende in den kleinen Clubs nicht nur der eigenen Seele gut tun, sondern auch die Kultur am Leben halten.
Es sind eben die abseitigen Independents, die den Geist der Subkulturen weiter tragen, nicht die wenigen Mega- und Giga- Konzerte von Namen wie RAMMSTEIN, HELENE FISCHER und Co.
Und das Paradoxon, das einstige Massen bewegende Strömungen wie Italo Pop und New Wave/ Neue (Deutsche) Welle heute absoluter Underground sind, ist durchaus schon ein wenig witzig.
Also, Leute, geht raus und feiert, frei nach „THE CROW“: „Es kann nicht immer regnen…“
PLASMASCHWARZ könnt ihr 06. Mai im Solinger „Waldmeister“ gern noch einmal unter die Lupe nehmen.
KNIGHT$ wird Stand jetzt wohl erst am 09. September wieder in Deutschland gastieren. An diesem Tage ist er auf dem „Electronic Circus Festival“ in Hamm/ Westf. gelistet. Folgt ihm einfach auf Facebook oder seiner Website, um diesbezüglich informiert zu bleiben und Tickets zu ordern.
Wir konnten in diesem Zuge auch ein kleines Gespräch mit JAMES KNIGHTS führen, welches wir euch in naher Zukunft gern präsentieren werden. Bleibt uns gewogen und treu, dann verpasst ihr nichts.
Folgen könnt ihr PLASMASCHWARZ auf Facebook und Bandcamp, sowie auf Youtube.
Immer dicht dran an KNIGHT$ bleibt ihr auf Facebook, Twitter, Instagram, im Web, sowie auf dem Medienportalen Bandcamp, Soundcloud und Youtube.
Beide Künstler findet ihr auch auf den großen Streamingportalen.
Unseren Stream und viele weitere redaktionelle Inhalte bekommt ihr auf unserer Website, aktuelle Artikel und mehr auf unserer Facebook Präsenz.
Die Fotos machte für uns der PhotoDevil STEPHAN RAUTER.
Written by: Dany Wedel
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