13 Songs auf ‚Endless Dreams‚, also praktisch 1 Song für jedes Jahr seit dem TORULs Album- Debüt 2010. Zufälle gibt’s…
Wobei das allererste Release bereits vor 24 Jahren erschien, wie man da ja schon zugeben muss.
Ach, alles Spitzfindigkeiten!
Wesentlich sind da ganz andere Dinge, also take a seat und folgt uns durch den folgenden Artikel.
TORUL
Gegründet wurde TORUL durch den slowenischen Techno- Produzenten BORUT BERNIK aka TORUL TORULSEN. Bereits seit 1995 veröffentlichte er mit verschiedenen Mitstreitern Acid- und Techno Tracks für die Tanzflache. Ab 1999 produzierte er deutlich verspieltere Tracks bereits unter dem Label TORUL, bevor es eine längere Auszeit gab. Dann, im Jahre 2010 erschien mit ‚Dark Matters‚ erstmals ein vollständiges Album als Self- Release, welches nicht nur eine Band repräsentierte, sondern auch schon deutlich in den Gewässern des Synth Pop fischte.
Anfänglich irgendwie immer noch ein loses Konglomerat aus wechselnden Mitgliedern, deren einzige Konstante TORUL selbst war. Doch bald schon ein richtiges Bandkonstrukt, welches ab 2011 auf INFACTED Recordings ein Zuhause gefunden hat. Dort sind seither 5 Alben und eine Compilation mit besonderen Versionen großer TORUL Songs erschienen.
Wenn wir die Zusammenstellung als vollwertiges Album werten, kommen wir mit dem am 14. Februar erscheinenden Werk ‚Endless Dreams‚ auf Album Nummer acht.
Gar keine schlechte Bilanz für jemanden, der sich allen Konventionen zu entziehen scheint.
Denn musikalisch sind wir weit weg von dem, womit der Bandgründer mal begonnen hat. Und auch heute lässt sich der Act nicht in eine Schublade pressen. Irgendwie drängt sich da ein Vergleich mit der Modeindustrie auf: One size fits most. Und das ist keinesfalls abwertend gemeint.
Herr TORULSEN nimmt sich die Freiheit, seine Kreativität auszuleben und doch zu einem als TORUL erkennbaren Ganzen zu formen.
So klingt ein Song analoger als der Andere, einer poppiger als der Nächste und dann wird es wieder technoider und tanzbarer, ohne die eigene Identität zu leugnen oder zu verwaschen.
Somit trifft auf TORUL wohl am ehesten das Label Electro- Indie- Pop zu. Und da schließt sich dann irgendwie der Kreis, denn das aktuelle Werk ist durchaus „härter“ und technoider, was ein Labelin als Synth Pop nahezu unmöglich macht.
ENDLESS DREAMS
Seid ihr jetzt schlauer? Wir hoffen das sehr, denn mit bekannten Schubladen ist hier tatsächlich kein Arbeiten möglich.
Genug der Phrasen, jetzt geht es ans Eingemachte.
‚Endless Dreams‚ ist, wie bereits angesprochen, deutlich energetischer und technoider als sein regulärer Vorgänger ‚Hikikomori‚ aus dem Jahre 2019, ganz zu schweigen von der ‚Teniversia‚- Zusammenstellung.
Es gibt Songs in slowenischer Muttersprache und eine Gastsängerin, auch der Mastermind selbst lässt es sich nicht nehmen, zwei Songs mit seinen eigenen Vocals zu bestücken.
Thematisch finden sich hier Selbstreflektionen, zwischenmenschliches, Blicke in die (eigene) Zukunft die Verarbeitung schwieriger Zeiten. Man darf annehmen, das Corona mit all seinen Einflüssen auf unser aller Alltag hier Einfluss genommen hat. Das dürfte uns alle noch ein Weilchen beschäftigen, denn „wie immer“ ist seit 2020 ja irgendwie nichts mehr.
Auf dem Seziertisch
Schauen wir kurz in die einzelnen Songs:
Das Album wird eröffnet von „The Only Way“. Der Song hat einen satten und energetischen Beat, der umgehend zum Popowackeln einlädt. Die Bassline ist das bestimmende Element, die Melodie wird durch MAJs Vocals eingebracht, der hier von der Sängerin MOJCA ZALAR ideal begleitet wird. Dazu jede Menge Soundspielereien, die man teilweise erst nach mehrmaligem Hören alle identifizieren kann. Ganz schön großer Einstieg ins Gesamtwerk.
„Now I Die Inside“ dürfte euch bekannt sein, da es bereits als Single veröffentlicht wurde und in den einschlägigen Charts um Punkte buhlte. Es ist ein schweres Gepäck, was TORUL himself da trägt, inhaltlich wie musikalisch. Das Grundgerüst düster und minimalistisch, aber doch wieder mit einigem Gezwitscher für die Ohren.
Ganz aktuell läutet „Hero Material“ die heiße Phase des Albumreleases als Singleauskopplung ein. Auch hier gibt es im Background die nette Stimme von Frau ZALAR. Eine satte Wall of Sound drängt trotz aller Melancholie direkt auf die Tanzflächen der Clubs.
„Le Replika“ hat eine gespaltene Persönlichkeit: über weite Strecken ist der auf Slowenisch vorgetragene Song düster und der Bass böse, der Refrain jedoch kommt deutlich poppiger daher. Ein spannendes und durchaus ergreifendes Stück.
Wir bleiben in der Muttersprache unseres Trios, wenngleich „Mnenje O Vsem“ auch engliche Gesangsparts enthält. Wir wandeln musikalisch hier mit Bassläufen aus dem Dark Wave und dominanten Schlagzeug deutlich auf Post Punk- Pfaden, die wunderbar mit MAJs melancholischer Stimme harmonieren.
Als kräftiger Indie- Pop kommt „Falling Apart“ daher. Er bekommt seine drückende Stimmung in erster Linie durch die traurigen Vocals, unterstützt von heulenden Bläsersätzen. Man kann förmlich die beschriebene Szene vor den Augen ablaufen sehen. Gänsehautgarantie, wunderbarer Song.
Das anschließende „Resonate“ ist so etwas wie die erhoffte positive Fortsetzung des Filmes, der beim Vorgänger impliziert wurde. Immer noch satt und modern produziert, bringt er doch auch auch einige dezente 80er Elemente ins Spiel, ohne dem aktuellen Retro Hype wirklich zu folgen. Wen „Falling Apart“ runtergezogen hat, den wird „Resonate“ garantiert wieder aufbauen.
Ein 60s Synth auf einer kratzenden Bassline, dazu ein heavy krachendes Rock- Schlagzeug: bei „Willing To Connect“ schlägt das Herz von Indie- Lovern höher. Kantig und doch irgendwie gefällig, Garage Punk meets Electro Pop, ganz starkes Stück. Anspieltipp!
Sehr dark und melancholisch wird es bei „Hello Hello“. Kein Wohlfühlsong, dafür absolut mitreißend, schwere Kost.
„When I First Saw Her“ ist so etwas wie die musikalische Essenz des Albums. Wir entdecken die bekannte Bassline, die sich durch den Song wabert, dazu Synth- Orgel- Klänge wie aus den späten Sechzigern. Ein kurzes und erfrischend unkonventionelles Spiel mit der Technik.
Der Autor dieser Zeilen ist bereit, sein Leben zu riskieren und gewagte Thesen aufzustellen. „Next Generation“ hat eine Menge von dem Appeal, der Depeche Mode in letzter Zeit abhandengekommen schien. Eine recht drückende musikalische Basis, auf denen die melancholischen Vocals richtig gut zur Geltung kommen.
„We Don’t Care“, ja der Titel sagt eigentlich alles. Stampfend, sperrig und mit klasse Vocals – das Ding wird garantiert auf Jahre durch Clubs walzen wie „nix Gutes“ (wie man hier im Pott zu sagen pflegt; Anm. der Redaktion). Wer bei der Nummer nicht in Bewegung kommt, ist sicher schon länger tot. Trotz des vergleichsweise simplen Aufbau, verglichen mit den anderen Songs des Albums, ist das ein weiterer Anspieltipp. Denn tanzen kann wohl keine Sünde sein.
Den Abschluss macht ein weiteres Instrumental. „Loneliness 9000“ setzt auf Dadaistische Vocalfetzen, die dem brachialen Breakbeat und der mystisch anmutenden, sehr minimalistischen Bass- und- Synthbasis einen Hauch Melodie gibt. Dazu jede Menge Gezirpe, Geklimper, Gebrumme – kurz: ein interessantes akustisches Experiment.
Fazit
Es ist fast ein bisschen böse, so etwas zu äußern, aber die Situation der letzten Jahre schien die meisten Künstler tatsächlich sehr positiv zu beeinflussen.
‚Endless Dreams‚ ist tiefgründig und melancholisch, gleichzeitig aber auch brutal energetisch und TORUL greift oft ganz tief in die Produzententrickkiste. Kurz gesagt ist es ein absolut erfüllendes Hörvergnügen. Hier passt die Phrase All Killer No Filler akkurat. Man kann träumen, tanzen, durchdrehen, schwelgen – ein stetiges Auf und Ab, ein Hin und Her.
Das eigentliche Kunststück liegt aber in der audiophilen Ausgefeiltheit. Denn dadurch gibt es auch nach dem x-ten Durchlauf immer noch etwas zu entdecken, da wird nichts langweilig. Und das, ohne ins komplett experimentelle oder in Fluffi Pop zu verfallen.
Ganz großes Kino und der Beweis, das TORUL zu den Sahnestücken auf INFACTED gehören.
Daten und Fakten
Tracklist
The Only Way
Now I Die Inside
Hero Material
Le Replika
Mnenje O Vsem
Falling Apart
Resonate
Willing To Connect
Hello Hello
When I First Saw Her
Next Generation
We Don’t Care
Loneliness 9000
Act: TORUL
Release: Endless Dream
Release Date: 17.02.2023
Label: Infacted Recordings
Medien: CD, digital, Stream
Quellen: direkt bei Infacted und im gut sortierten Musikhandel, Bandcamp, alle großen Digital- und Streamingplattformen.
Live erleben könnt ihr TORUL unter amderem im Mai beim BLACK SWARM Event in Dresden, zusammen mit VERSUS(!!!). Der Ticketverkauf ist noch nicht angelaufen, aber hier könnt ihr immer schon mal schauen (und gegebenenfalls für weitere BLACK SWARM Events Tickets ordern).
Am 19. Januar 2023 erschien die Single „Don‘t Let Go“ auf allen digitalen Plattformen und am 23. Februar 2023 folgt dann ein Remix von ZyniC. SEA OF SIN haben damit einen Midtempo-Indie- Pop-Track mit einer melancholischen und angespannten Rockstimmung kreiert. Den Remix steuert niemand geringeres als H.P. Siemandel aka ZyniC bei. COVENT GARDEN Nun kurz ein paar Sätze zur Band SEA OF SIN. Den Älteren unter den Fans […]