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PLAGE NOIRE 2021-Rückblick auf das schwarze Meer

today3. November 2021 14 2

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Nach all den virusbedingten Verschiebungen und Planungsunsicherheiten wuchs die Vorfreude der Autorin seit dem 13. September, mit der fantastischen Nachricht “Das Plage Noire 2021 wird stattfinden”, ins Unermessliche.
Ein Festival im Herbst, am Strand? Hier waren sich alle Wettergötter einig, begrüßten die riskante Idee und präsentierten, über das gesamte Wochenende hinweg, wohlwollend den herrlichsten Sonnenschein.
Nach dem Einchecken ging es erst einmal Richtung Strand. Wie praktisch war es bloß, dass der Weg dorthin über das Festival-Gelände führt, über das man sich direkt einmal einen Überblick verschaffen konnte.

Nach einem 3G Check, der vom Veranstalter äußerst gut organisiert war und zu keinerlei Zeitverlust führte, spazierte man nun über den kleinen Marché Médiéval, der besonders in den Abendstunden an einen liebevoll gestalteten Weihnachtsmarkt erinnerte. Hier boten diverse Händler*innen in beschaulichen Holzhütten, Schmuck, Felle und Handwerkskünste feil und sorgten, obwohl mittendrin gelegen, für eine romantische Stimmung abseits des Trubels.
Nach einem Zwischenstopp am Met Stand, der im Laufe der Zeit noch häufiger besucht werden sollte, vorbei an einer kleinen Bühne, Tischen und Bänken, die ein geselliges und gemütliches Beisammensein bei Speisen und Getränken ermöglichten, stand der weiteren Erkundungstour nichts mehr im Wege.

Mit Eintritt in die Galerie ‘La Galeria’, dem pulsierenden Herzstück des Geländes, war es dann mit aller Beschaulichkeit vorbei.
Linker Hand, der Eingang von ‘Cri de la Muette’, in dem sowohl Warm-Up und Aftershow-Partys zelebriert wurden, als auch Lesungen stattfanden.
Fashion Walks, Make Up und Costume Art fanden ihre Präsentation auf verschiedenen Laufstegen im Hauptgang und sorgten, je nach Uhrzeit, das ein oder andere Mal für kurze, unfreiwillige Verweilpausen, da der Treppenaufgang zum ‘Salle de Fête’, in dem unter anderen SHE PAST AWAY und [:SITD:] ihre Performance ablieferten, über besagten Hauptgang zu erreichen ist.

Aber auch für das leibliche Wohl war hier gesorgt. Eine Pizzeria, in der, mit Verlaub und nach eigenem Befinden, eine erstaunlich geschmacklose Pizza gebacken wird, und ein American Diner bieten hier ganzjährig den Gästen ihre Speisen an.
Vorbei an Merchandise zur Rechten und Autogrammplatz zur Linken, ging es nun wieder hinaus an die frische Luft. Hier fiel der Blick sofort auf die nächste Event-Location ‘Le Chapiteau’, einem großzügigen Zelt, indem Top-Acts wie VNV NATION und FRONT 242 ihrer Anhängerschaft genug Platz zum Tanzen und Feiern boten.

Rechts der Location gelegen, die, im Einbahnstraßen-System angelegte, Shopping-Meile ‘Le Bazar’. Hier ließen exklusiv ausgewählte Händler*innen, im Inneren eines weiteren Zelts, mit ihren angepriesenen Waren, die Augen der kauffreudigen Besucher schwarz aufleuchten und deren Herzen höherschlagen.

Fehlte nur noch ‘La Rotonde’. Als PLAGE NOIRE-Neuling musste man schon etwas genauer hinschauen, um die Location, neben dem Fahrrad Verleih, zu finden und als solche auszumachen. Eine kleine aber feine Bühne in einem Holz-Pavillon, die etwas abseits lag. Formationen, wie STERIL und ADAM IS A GIRL fanden genügend Platz für ihre Performance. Die von Bewegungsdrang getriebenen Fans hätten sich jedoch ein wenig mehr Freiraum gewünscht, um ihre innere Leidenschaft auszuleben.

Den Strand erreicht und den Blick auf das weite Meer gerichtet, konnte man nun die gesammelten Eindrücke sacken lassen und Programmpläne schmieden. Dies sollte sich als “gar nicht so einfach” herausstellen, denn durch das kurzfristige Absagen einiger Bands, unter denen sich bedauerlicherweise auch DAS ICH befand, wurden andere „nachnominiert”, und man hatte doch ein wenig den Überblick verloren. Ebenfalls mussten Überschneidungen abgewogen und in Kauf genommen werden.
So sollte sich Tag eins des Festivals als Konzert-Hopping-Tag herausstellen, während Tag zwei die entspanntere Version des Festivals am Weißenhäuser Strand widerspiegelte.

ANY SECOND- ‘La Rotonde’

Das Berliner Projekt trat ihren Auftritt zwar ohne Oliver Senger (Songwriting, Mixing, Backing-Vocals, Keys) an, lieferte jedoch trotzdem mit geballter Power eine starke Performance ab. In erster Linie lag dies an Gründer und Frontmann Jan Kluge, der von Thomas (DosUnit) Beschoner am Keyboard begleitet wurde.

Mit aggressiv rauem Gesang begeisterte er die Anwesenden und band diese mit ein, indem er geschickt mit ihnen “flirtete”. In familiärer Atmosphäre hämmerten dazu die Dark-Electro-Beats und brachten alle Füße in Bewegung. Im EBM Stil gekleidet und um die Augen schwarz geschminkt, gab Herr Kluge auch optisch gesehen ein äußerst gelungenes Bild ab.

Neben verschiedenen Tracks vom Album SÜNDE: MENSCH‘ kündigten ANY SECOND, unter Vertrag bei Out Of Line Music, ein neues Album an und gaben der Hörerschaft mit dem Titel “Skalpell” bereits einen kleinen Appetizer mit auf den Weg.

Höhepunkt des Auftritts stellte die “Freakshow” dar. Zum Beat perfekt abgestimmte Bewegungen, in Kombination mit leidenschaftlichem Gesang, zogen die Anhängerschaft und neu Interessierte in einen, von Stärke getriebenen, Bann und weckten die Neugier auf das kommende Album.

DIARY OF DREAMS- ‘Le Chapiteau’

Im Nachhinein wünscht sich so mancher Hörer, dieses Konzert nicht besucht zu haben. Natürlich betrifft das nicht die eingefleischte Fangemeinde der Dark Wave/Synth Pop Band. Den besten Tag hat Adrian Hates jedoch nicht erwischt. So konnte der Sänger, Gründer und Produzent von DIARY OF DREAMS mit dem eingerosteten Gesang nicht überzeugen. Unter anderem ließ der Klassiker “Butterfly Dance”, vom 2000er Album One of 18 Angels, seinen weichen Klang gänzlich vermissen und erinnerte mehr an eine halb erschlagene Wespe, kurz vor ihrem Ableben. Show und Performance der Musiker rissen es jedoch heraus und bereiteten den Zuschauern zumindest für das glitzernde Auge einen Leckerbissen, denn das isst ja bekanntlich mit.

Dass das Publikum gerne verzeiht, konnte man selbst außerhalb des Zeltes noch hören. Tonsicher und voller Leidenschaft erklang der “Traumtänzer” im Chor und hallte noch einige Zeit, auf dem Weg zur nächsten Location, nach.

 

SUICIDE COMMANDO- ‘Salle de Fête’

Durstig, im gut gefüllten Saal angekommen, bahnte man sich nun den Weg zur Theke. Diese Idee hatten natürlich einige der erwartungsvollen Electro-Industrial-Liebhaber. Ein Anstellen in der langen Schlange war daher unumgänglich. Doch hier wurde man sehr positiv überrascht. Gut organisiert huschten die Jungs und Mädels hinter der Theke hin und her, sodass keine lange Wartezeit entstand und sich ein jeder, mit dem gewünschten Getränk in der Hand, einen Platz in der Menge suchen konnte.

Obwohl die Preise der Erfrischungsgetränke auf, mit Blattgold veredelte, Exklusiv-Tropfen hindeuteten, sah man sich letztendlich einem Plastikbecher, befüllt mit einem eher günstigen Brauprodukt, gegenüber.

Johan Van Roy empfing das Publikum mit dem Opener und brandneuer Single “Trick Or Treat” und schob direkt einmal den Mega-Track “God Is In The Rain”, vom Album Implements Of Hell‘, erschienen im Jahr 2010, hinterher. Ein kurzer Blick in die Menge bestätigte die Vermutung, dass hier bereits eine perfekte Party im Gange war. Keine schwarze Seele in Sicht, die nicht, trotz Becher in der Hand, in Bewegung oder gar in Extase verfallen wäre. Eine sehr starke Performance, die der Belgier da auf die Bühne gebracht hat.

 

 

VNV NATION- ‘Le Chapiteau’

Wer VNV Nation bereits live gesehen hat, weiß in der Regel, was ihn erwartet.
Singer-Songwriter und Produzent Ronan Harris legte erneut einen soliden Auftritt hin. Der Ire gründete 1990 sein Projekt “Victory not Vengeance” und erweckt den Eindruck, dass er für seine Auftritte einen Bonus für zurückgelegte Kilometer erhält.
Die treue Fangemeinde vor Augen, besang der Musiker, der mit Noire im Jahr 2018 sein letztes Album veröffentlichte, mittels seiner facettenreichen Stimmgewalt die erfolgreichen Stücke von Ballade bis zum Future-Industrial und animierte zum Tanzen und Mitsingen. Einfach, weil er es kann.
Wie bereits angedeutet, handelte es sich hierbei um einen “gewöhnlichen” Auftritt des Künstlers, der von recht jung aussehenden Musikern an den Keys und am Schlagzeug begleitet wurde und sich zwischenzeitlich den Schal einer Besucherin umhing.

 

MELOTRON- ‘Salle de Fête’

Die Future Pop Musiker aus Neubrandenburg feierten mit ihrem Auftritt ihr nunmehr 30jähriges Bestehen und transportierten ihre Freude darüber auch eindrucksvoll auf das begeisterte Publikum. So sorgte die Formation, bestehend aus Edgar Slatnow und Kay Hildebrandt an den Synthesizern und Frontler Andy Krüger, für Tanzlaune und Feier-Stimmung.

Neben “Du bist es nicht wert” vom 2014er Album Werkschau‘, zählte an diesem Abend die Cover Version “Menschenfresser” von Rio Reiser, zu den absoluten Highlights. Gängige Synth-Pop-Beats, gepaart mit melodischen Electro-Einflüssen, ließen keine Langeweile aufkommen und trieben die energetisch dargebotenen Ohrwürmer tief in den Gehörgang der Anwesenden.

 

SANGER FRA NORD- Le Petit Marché Médiéval

Wie eingangs bereits erwähnt, entfaltete der kleine gemütliche Markt, nicht zuletzt durch den, auf ihm befindlichen, Met Stand, eine enorme Anziehungskraft auf das gesellige Volk. Durch einen wunderbaren Zufall regte sich plötzlich etwas auf der Freilicht-Bühne. Oder war es gar Vorsehung? Kaum Platz genommen, betrat das Mittelalter-Quartett SANGER FRA NORD die Bühne und zogen die Zuschauer*innen sofort durch ihre natürliche Ausstrahlungskraft in ihren Bann.
Geschichten aus aller Herren Länder trugen die leidenschaftlichen Musikanten gekonnt vor und dies sogar in der jeweiligen Landessprache.

Jonathan und Jenny, die nicht allein der gemeinsame Folk-Gesang und das Musizieren mit der Laute verbindet, werden durch Ingrid (Nyckelharpa, Gesang) und Marlon (Perkussion, Gesang) komplettiert. Die Vierer-Kombo überzeugte durch ihre fröhliche und authentische Art und erdete das Publikum sanft und stimmungsvoll. Allein mit ihren Stimmen und dem geschickten Umgang mit ihren mittelalterlichen Instrumenten, erschufen SANGER FRA NORD einen phantastischen Kontrast zu all den Lichtershows und Synth-Klängen.
Emotional und lyrisch betrachtet, stellten die naturbelassenen Künstler, die sich mit einem bulgarischen Hochzeitslied von der Bühne verabschiedeten, eines der absoluten Highlights des Festivals dar.

 

PETER HEPPNER- ‘Le Chapiteau’

Aufgrund besagter Überschneidungen blieb lediglich noch Zeit, um die letzten fünf Stücke des Ausnahmekünstlers, der von 1987-2005 als Sänger von WOLFSHEIM erfolgreich war, zu genießen. Umso eindrucksvoller wurde man sofort bei Eintritt in das gut gefüllte Zelt von einer gefühlvollen und warmen Atmosphäre ergriffen.

Die Balladen “I feel you”“Wir sind wir” und “Herz”, das der Hamburger als Zugabe zum Schmelzen brachte, sorgten für Gänsehaut pur. Während “Wann kommt die Flut” die gefesselten Zuschauer zum inbrünstigen Mitsingen verleitete, fand der Act mit “Künstliche Welten” einen wunderschönen Abschluss. Der WOLFSHEIM-Track vom Album Spectators‘ wurde bereits im Jahr 1999 veröffentlicht und veranschaulichte einmal mehr, wie zeitlos gefühlte Themen sein können.

 

[:SITD:]- ‘Salle de Fête’

“Shadows in the Dark” standen pünktlich um 20:45 Uhr auf der Bühne und legten zügig mit ihrem Aggro-Tech Sound los. Man sah der Formation förmlich die Bereitschaft an, ihrer Anhängern, die zahlreich erschienen waren, ordentlich einheizen zu wollen.
Mit “Snuff Machinerie” feierte die 1996 gegründete Band im Jahr 2001 einen ihrer bisher erfolgreichsten Szene-Club-Hits.

Einen durchaus unfreiwilligen aber recht spektakulären Abgang von der Bühne lieferte Frontmann Carsten Jacek den geschockten Fans, während seiner ambitionierten Performance.
Nach einer 10-minütigen Behandlungspause machte er jedoch tapfer weiter und bat seine Anhängerschaft, ihm die krummen Töne zu verzeihen. Da der Sänger bei Live-Auftritten nicht selten seine Treffsicherheit in Bezug auf eine saubere Klangfolge vermissen lässt, sorgte die Aussage eher für ein Schmunzeln im Publikum.
Im Nachgang des Festivals gab Jacek, der nach durchgezogenem Auftritt im Krankenhaus behandelt wurde, Entwarnung. Eine angebrochene Rippe und einige Prellungen sorgen jedoch für Unsicherheit, ob der nächste Gig am sechsten November in Braunschweig stattfinden kann.

 

Zusammenfassend darf man das Plage Noire, nach langer Festival-Abstinenz durchaus als Balsam für die schwarze Seele betrachten.
Gut durchorganisierte 3G Checks und nahezu unsichtbare Ordner ermöglichten einen reibungslosen Ablauf des Events. Geräumige und gut ausgestattete Unterkünfte bieten abseits des Party-Geländes einen gelungenen Rückzugsort, vermitteln allerdings auch ein Gefühl von Gediegenheit.
Die Stimmung unter den Schwarz-Trägern war äußerst friedvoll. Statt ausgelassener Feiereien konnte man durchweg ein rücksichtsvolles Miteinander beobachten.
Einzig die erhöhten Preise sorgten für Diskussionsstoff und erzeugten hier und da ein wenig Unmut unter den Gästen. Vom Wetter, dem Ausblick über das Meer und der Tatsache, endlich wieder ein Festival erleben zu dürfen, entschädigt, konnte man hier jedoch ruhig einmal hinwegschauen und ein gelungenes Wochenende genießen.

Written by: Prinzessin Prisma

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