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Eine Zeitreise in die 80er Jahre ist unmöglich? Ich würde sagen, eher unwahrscheinlich. Jedoch schaffte es AND ONE, mit ihrer ‚The Cover Lover Supershow 2‘ Tour, das Publikum zumindest musikalisch in das Jahrzehnt zurückzuversetzen. Am 18. Oktober 2024 stiegen Fans der Band im HsD Erfurt in die Zeitmaschine und ließen die 80er Revue passieren. Supported wurden AND ONE von THE SECOND SIGHT.
Die Autorin und ihre Reisegruppe wären pünktlich zum Einlass gewesen, wenn erstere nicht noch unbedingt den Erfurter Dom hätte bestaunen wollen. Ebenfalls könnte man die falsche Navi-Eingabe, für die sie nicht verantwortlich war, beschuldigen. Auf dem Domplatz angekommen, stellten wir also fest, dass es noch ein Kilometer bis zur eigentlichen Location war. Schnell knipste ich ein Foto des wunderschön beleuchteten Doms, der mich ein wenig an Hogwarts erinnerte. Glücklich, das beeindruckende Gebäude gesehen zu haben, machten wir uns nun auf den Weg zur tatsächlichen Location. Diese war auch gar nicht so einfach zu finden. Wir schlossen uns einem Pärchen an, welches ebenfalls auf der Suche nach dem „Haus der sozielen Dienste“ war. Letztendlich erlöste uns ein Passant, welcher uns netterweise den Weg (einmal um das Haus herum) lotste.
Durch unsere kleine Verspätung verlief der Einlass ziemlich schnell, da die meisten Fans sich schon in der Location befanden. Der Weg führte zuerst durch die Eingangstür in den großen Konzertsaal. In zwei Räumen nebenan, fand man zu linker Seite den Merch, sowie einen Getränkestand und gegenüber der Bühne die Bar, an der sogar Bockwurst angeboten wurde.
Das „Haus der sozialen Dienste“ wurde 1955 als Gewerkschaftshaus gebaut. In dem großen Konzertsaal finden etwa 600 Menschen Platz.
Nachdem wir mit Getränken versorgt waren, suchten wir uns einen Platz in den vorderen Reihen vor der Bühne. Obwohl der Saal schon gut besucht war, kam man noch problemlos durch die Reihen.
THE SECOND SIGHT wurde 1990 von Alex Vlassakakis (Lead Vocals, Keyboard) und Dierk Budde (Backvocals, Keyboard) als Baron Age gegründet. 2001 erschien ihr letztes Album, bevor sie 2015 das Projekt wieder aufnahmen. Die Songs des Duos haben eine atmosphärische Dichte, mal sind sie schwermütig, mal eingängig, poppig oder düster.
THE SECOND SIGHT starteten voller Energie mit „Pain In Me“. Gelbe Lichtstreifen, die die Bühne beleuchteten, begleiteten rhythmisch den Song. Etwas ruhiger ging es weiter mit „A Place Called Home“. Alex’ kraftvoller und klarer Gesang wurde harmonisch von Dierks tieferer Stimme begleitet. Mit Leichtigkeit trifft der Frontmann auch die hohen Töne.
Mit „World Of Madness“ performte das Duo einen noch unveröffentlichten Song, der laut Alex im November erscheinen soll. Zu Beginn verhält dieser sich ruhig, nimmt dann an Dynamik zu und verwandelt sich in einen treibenden Beat, der einen nicht stillstehen lässt.
Anschließend gab es einen kleinen Platzwechsel. Den Gesang übernahm nun Dierk, während Alex ihm am Keyboard mit Backing Vocals begleitete.
„Never Believe“ wurde bereits damals, vor 24 Jahren, bei ihrer gemeinsamen Tour mit AND ONE präsentiert. Dierks tiefer Gesang beeindruckte vom ersten Ton. Es war ein typischer Wow-Moment. Laut Google ist dies ein überwältigender Augenblick und ein Moment, der puren Emotion, in dem alles passt und die Summe der positiven Eindrücke zunächst nicht verarbeitet werden kann. Ein Blick zu meiner Begleitung, zeigte, dass es ihr genauso erging wie mir selbst.
Im Anschluss folgte der von mir herbeigesehnte Lieblingssong „Alone And Forgotten“. Trotz ernsthafter Thematik wirkte der Song beschwingt und ermutigend mit einer Garantie zum Ohrwurm. Als dieser endete, tauschten die beiden Sänger wieder zurück.
Ein weiterer Oldie schaffte es wieder mit auf die Setlist. Auch „Tomorrow“ hatte THE SECOND SIGHT auf der damaligen Tour mit AND ONE schon performt. Dieser Song startete ruhig, bis er in Partystimmung wechselte. Durch die vorwärtstreibenden, zuversichtlichen Klänge konnte kein Bein mehr stillstehen und erzeugte gute Laune.
Der letzte Song des Duos an diesem Abend war die im Mai 2024 veröffentlichte Coverversion „Send Me An Angel“. Bei diesem war das Publikum sofort dabei und grölte textsicher die Lyrics gen Bühne.
Mit wohlverdientem Applaus verabschiedeten sich Alex und Dierk.
Die Lichter im Saal gingen aus und es wurde dunkel. Nach der Vorbereitung auf unsere Zeitreise mit THE SECOND SIGHT , begann diese nun. Die Spannung im Saal stieg mit jeder Sekunde. Das Intro begann mit tiefen Signaltönen. Dazu weiße dünne Lichtkegel, die von der Bühne an die Decke strahlten. Die Spannung stieg noch weiter an. Dann war es so weit und die Assistenten des Reiseleiters betraten die Bühne und Jubel erfüllte den Raum. Joke Jay stellte sich links an seine Drums während sich Nico Wieditz ans Keyboard gesellte. Das Licht erlosch erneut. Nun flackerten rote Lichtkegel auf das Publikum. Der Applaus verebbte nicht, sondern verwandelte sich in ein taktisches Klatschen bis erneut Jubel im Saal ertönte. Unser Reiseleiter Steve Naghavi hatte sich auf seinen Platz hinter das Mikrofon begeben und eröffnete den Abend mit „Love Is Always On Your Side“.
Nach „Second Voice“ stellte Steve nicht nur seine Band vor, sondern erklärte auch, was der Abend für das Publikum bereithielt: „Wir sind AND ONE! Der hier kommt aus Berlin“, Steve zeigte auf Joke Jay, „und der Rest aus dem Osten!“. An diesem Abend wurden Songs performt, die AND ONE gerne selbst geschrieben hätten. „Es gab Melodien, die wollte man kopieren und ist dann etwas anderes herausgekommen, das nennt man dann AND ONE“, erklärte Steve Naghavi.
Als die letzten Töne von „Get You Closer“ verklungen waren, fragte der Frontmann, ob wir denn echt noch ne Zugabe wollten. Mit der Ankündigung „Ich präsentiere euch die 80er!“ erklangen die ersten Töne von „Don’t You Want Me“ (THE HUMAN LEAGUE) und Joke Jay begab sich zu Steve herab. Beide rutschten förmlich in die Rolle des Songinhaltes und präsentierten diesen sehr lebhaft.
„Speicherbar“ unterstrich das Motto der Zeitreise an diesem Abend. Steve sang: „Wir sind bereit, zu schweben durch die Zeit“ und das Publikum schwebte nur all zu gern mit. Der Publikumsliebling des Abends war definitiv „Techno Man“, bei dem die Fans beweisen konnten, dass sie noch in der Lage waren bis drei zu zählen.
Anschließend kündigte Joke Jay an: „Liebes Erfurt, jetzt dürfte der Moment kommen, auf den ihr alle gewartet habt: Steve verlässt die Bühne.“ Dieser wiederum frotzelte zurück: „Das habe ich gehört!“ und nahm Jokes Platz hinter den Drums ein. Es folgte „Don’t You (Forget About Me)“ (SIMPLE MINDS). Es war ein leichtes für Joke Jay das Publikum zum Mitträllern des schwierigen Refrains zu animieren. Der Saal sang euphorisch „lalala“, was sich in der Menge sogar gut anhörte.
Etwas ruhiger kam der Cover Song „Would’nt It Be Good“ (NIK KERSHAW) daher. Unterstrichen mit gedimmtem Rotlicht und Diskokugel-artigen Lichteffekten wurde die Stimmung etwas romantischer.
Die Party-Laune kam mit dem beliebten „Military Fashion Show“ wieder zurück und ließ kaum einen Fuß stillstehen. Genauso frenetisch weitergefeiert wurde „Tainted Love“ (SOFT CELL). Da dieser zu meinen Favoriten gehört, freute ich mich umso mehr über die Performance des Songs und jedes Wort wurde glücklich mitgegrölt.
Nachfolgend wurde „You Spin Me Round“ (DEAD OR ALIVE) präsentiert. Durch jahrelange Übung kann ich stolz von mir behaupten den Text in dieser hohen Geschwindigkeit mitsingen zu können. Allerdings hätte ich in diesem Moment im Publikum wohl ein Sauerstoffzelt gebrauchen können. Womöglich lag dies an der mittlerweile saunaartigen Hitze im Saal. Steve Naghavi dagegen, trällerte locker flockig vor sich hin und flitzte dabei über die Bühne.
Während „Shout“ (TEARS FOR FEARS) flogen noch einmal kräftig die Arme der Fans, animiert von Steve, durch die Lüfte. And One verließen die Bühne und ließen ihre Fans um Zugabe betteln.
Minutenlang wurde gejubelt und gepfiffen. Selbst „hey, hey, hey!“ Rufe und „Döp, döp, döp“ Gesänge, die man eher in Fußballstadien zu hören bekommt, schienen keine Wirkung zu zeigen. Ganz ehrlich, ich wäre auch nicht wieder zurück auf die Bühne gekommen. Um den Fan-Gesängen wohl ein Ende zu bereiten, erschien die Band dann doch noch einmal und spielten sieben weitere Songs. Darunter „The Walk“ (THE CURE) und „Goldener Reiter“ (JOACHIM WITT). Bei der Ankündigung des Witt-Songs verhaspelte sich Steve: „Joachim war der Beste!“ Der Frontmann merkte direkt seinen Fehler und verbesserte sich erschrocken: „Oh Gott war! Ist immer noch der Beste!“
„U-Boot-Krieg In Ost-Berlin“ kam so gut beim Publikum an, dass diese den Song noch einmal hören wollten. Zugabe-Rufe erklangen erneut, doch leider war dafür keine Zeit und andere Songs wollten auch noch gespielt werden.
Ein Liebesbekenntnis gab es von Steve zu „So Klingt Liebe“: „Sch… wir lieben euch!“ Das Publikum liebte mit gesungenen Textpassagen zurück. Der Song endete und begeisternder Jubel erfüllte den Saal. Direkt erklangen bekannte Töne, die zum Springen einluden. „Just Can’t Get Enough“ (DEPECHE MODE) wollte das Publikum nicht enden lassen. Harmonische Gesänge erfüllten den Raum. „Ihr wollt uns nur daran erinnern, wer wir nicht sind!“, stellte der And One-Sänger fest.
Der (fast) letzte Song des Abends war „Rebell Yell“ (BILLY IDOL). Zum Ende hin klatschten die Fans im Takt. „Ihr könnt jetzt aufhören. Ich muss die Band vorstellen“, in diesem Zusammenhang wurden Genesungswünsche an den in Berlin gebliebenen Rick Schah (Keyboarder) gesandt.
AND ONE kamen gesammelt zum vorderen Bühnenbereich, um sich zu verabschieden. Statt der erwarteten Verbeugung erklang der Originalsong „Thank You For The Music“ von ABBA, der von Nico, Joke und Steve Playback performt wurde. Die Fans ließen sich all zu gern zum Mitmachen verleiten und verabschiedeten mit tosendem Applaus von AND ONE.
Was mit einer einfachen Zeitreise durch die Musik der 80er begann, endete in einer Riesen-Party. Es war ein Abend voller Spaß, den einem den Alltag vergessen ließ. THE SECOND SIGHT heizte nicht nur das Publikum ein, sondern hinterließ bei einigen einen bleibenden Eindruck. Der ein oder andere hat wahrscheinlich immer noch einen Ohrwurm eines präsentierten Songs. Das Personal des HsD war zu jedem Zeitpunkt sehr höflich. Auch an der Bar war man schnell mit seinen Getränken vorsorgt. So gab es an diesem Abend nirgends ein langes Anstehen.
Zu erwähnen wäre noch das Bühnenbild im Allgemeinen, welches passend zur Tour in Farben gekleidet war. Die Lichteffekte unterstrichen jeden Song perfekt und spiegelten dessen Emotionen wider.
AND ONE schafften es jedes Cover in ihre eigene Version zu verwandeln, ohne dass etwas verloren ging. Es war wahrlich die Cover Lover Supershow.
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Geschrieben von: Lucy-Sophie Heffner
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