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Auf ihrem letzten Album ‚Woodland Memoirs‘ haben sich BLACK NAIL CABARET daran gemacht, ältere Stücke neu und mit konventionellen Instrumenten zu interpretieren. Das Ergebnis war zwar etwas ungewohnt, aber durchaus hörbar. Nur wenige Monate später, im März diesen Jahres, legte das ungarische Duo mit einer neuen Veröffentlichung nach. Auf dem aktuellen Longplayer ‚Chrysanthemum‘ konzentrieren sich die beiden wieder ganz auf die elektronische Seite ihrer Musik.
BLACK NAIL CABARET bezeichnen ihre Musik selbst als Dark Pop. Da möchte ich eigentlich gar nicht groß widersprechen, kann man den Begriff doch recht weit auslegen. Die 11 Stücke des regulären Albums und die vier Bonus-Tracks loten dann auch die Tiefen dieses Genres aus.
Der Opener „My Home is Empty“ liefert dafür direkt ein gutes Beispiel. Sehr langsam wabern die Klangstrukturen aus den Boxen, nur ganz dezent ist eine Melodie zu erkennen. In diese schleichen sich immer wieder beinahe schmerzhaft verzerrte Klänge ein. Über allem schwebt die ätherische Stimme von Emese Arvai-Illes, die von Einsamkeit und beengten Beziehungen singt. Dem Stück gelingt es praktisch vom ersten Ton an, eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen.
Viel entspannter und vor allem tanzbarer präsentiert sich das folgende „Autogenic“. Der Beat treibt den Hörer voran, bleibt dabei aber im Mid-Tempo-Bereich. Darüber schichtet Krisztian Arvai eine eingängige Melodie, die besonders im Refrain gut zur Geltung kommt. Für mich eines der zugänglichsten Stücke des Albums, dass sowohl auf der Tanzfläche funktionieren dürfte wie auch zum Nebenbeihören.
Etwas aus dem (zugegeben breit gefassten) musikalischen Spektrum fällt „Neurons“. Das Stück erinnert mich eher an Manchester Rave aus den 1990ern. Der Beat ist meist hochfrequent, repetitiv und hektisch – teilweise dissonant. Die gesprochenen, verzerrten Textpassagen passen dann verständlicherweise auch in diese Melange. Selbst nach mehrfachem Hören kann ich mich mit dem Track nicht anfreunden. Eher zehrt er bei jedem Durchgang mehr an meinen Nerven.
Für „Darkness is a Friend“ kramt die Band Bass und Schlagzeug aus der Ecke. Diese Rhythmus-Sektion treibt den Song nach vorne und geht schon fast in Richtung Goth-Rock. Allerdings kommt auch die elektronische Seite der Musik nicht zu kurz, was sich grade in den eingestreuten Passagen bemerkbar macht. Herausragend sind hier jedoch die Vocals, die zwischen klassischem Rock, operettenhaften Einlagen und hingerotztem Sprechgesang variieren.
Mit seinem treibenden, monotonen Beat richtet sich „Teach me how to Techno“ wieder eher an das tanzwütige Partyvolk. Der Gesang ist mit großzügigem Hall angereichert und kommt mal schmeichelnd, mal fordernd aus den Boxen. Schnelle und (relativ) langsame Passagen wechseln sich ab – aber über allem liegt der gleichbleibende Rhythmus. Melodien sorgen allerdings dafür, dass das Stück nicht langweilig oder gar monoton wird. Eindeutig Futter für die einschlägigen Clubs.
Den Abschluss des regulären Albums bildet „Faceless Boy“. Hier tritt die musikalische Untermalung über weite Teile fast vollständig in den Hintergrund. Lediglich in den Passagen zwischen den Vocals ist eine Melodie erkennbar, die jedoch ohne Beats auskommt. Die Stimme der Sängerin reicht aus, um das Stück zu tragen. Ruhig, melancholisch und feierlich setzt das Duo hier wirklich gelungenen Schlusspunkt unter ‚Chrysanthemum‘.
Hier sticht „Remains of a Star gone Supernova“ heraus. Dabei handelt es sich, zumindest in den ersten drei Minuten, um eine Soundkollage, die durchaus als SciFi-Soundtrack dienen könnte. Danach erfolgt so etwas wie eine erkennbare Struktur sowie gesprochene bzw. gerufene Textfetzen, bevor das Ganze so ausklingt, wie es begonnen hat. „Autogenic (Die Arkitekt Remix)“ ist im Vergleich zur Albumversion kaum zu erkennen. Die Länge des Tracks hat sich um fast zwei Minuten verkürzt, dabei hat der Mixer wohl versucht, das Lied zu komprimieren. Schnelle, industriallastige Beats, effektverzerrter Gesang und mehrere Tempowechsel geben dem Stück eine komplett andere Ausrichtung. Etwas gewöhnungsbedürftig – aber durchaus nicht schlecht.
BLACK NAIL CABARET liefern mit ihrem neuen Album eine breit gefächerte Mischung ab. Dark Wave, Techno, Goth Rock, Cold Wave oder Industrial sind zumindest ansatzweise zu erkennen. Dabei setzt das Duo vor allem auf Vielseitigkeit anstatt einem stringenten Weg zu folgen. Entsprechend funktioniert ‚Chrysanthemum‘ für mich besser, wenn es in seine einzelnen Bestandteile zerlegt wird. Es am Stück zu hören finde ich dagegen anstrengend – zu viele stilistische Kehrtwendungen, Tempo- und Stimmungswechsel haben die beiden hier untergebracht. Dabei gibt es unter den 15 Tracks nur einen Titel, der für mich gar nicht funktioniert – der Rest ist rundum gelungen.
Der interessierte Hörer hat gleich mehrere Möglichkeiten zur Auswahl, sich das Album zu beschaffen. Neben dem mittlerweile obligatorischen Download gibt es auch eine Variante in Vinyl. Dieser Rezension zugrunde liegt jedoch die CD-Version. Diese präsentiert sich als Hardcover-Buch in übergroßem Format mit einem zweiten Silberling, der vier zusätzliche Tracks enthält. Im Inneren des kurzen Bandes gibt es die Lyrics und Angaben zu den Beteiligten. Darüber hinaus ist auf jeder linken Seite eine stimmige Makro-Aufnahme einer Blüte in schwarz-weiß abgedruckt.
Veröffentlicht wird das Album (in allen Formen) vom bewährten Label Dependent, die schon mehrfach mit BLACK NAIL CABARET gearbeitet haben.
01. My Home is Empty
02. Autogenic
03. Totem And Taboo
04. Never Enough
05. Neurons
06. 1mg
07. Darkness is a Friend
08. Godspeed
09. Roadtrip
10. Teach me how to Techno
11. Faceless Boy
01. Remains of a Star gone Supernova
02. The Killing
03. Weeding
04 Autogenic (Die Arkitekt Remix)
https://www.facebook.com/bncband
https://de.dependent.de/ – Label-Homepage
Geschrieben von Zweigesicht
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Written by: Prinzessin Prisma
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